Tipps für Grundstücksbesitzer

Grundsteuer in Bayern: Warum muss ich deutlich mehr bezahlen?

1.12.2022, 16:18 Uhr

Für eine Streuobstwiese soll ein Mann aus Niederbayern über 2500 Euro Grundsteuer im Jahr bezahlen. Er will nun Einspruch einlegen. (Symbolbild) © Wolfgang Scharnagl

Im Interview mit Focus Online macht der Besitzer einer Streuobstwiese in Niederbayern seinem Ärger Luft. Der 70-Jährige soll für sein 16.000 Quadratmeter großes Grundstück laut neuem Bescheid über 2.500 Euro Grundsteuer zahlen. Bislang wurden für das Erbstück seiner Mutter nur 198 Euro im Jahr fällig. Die 13-fache Steigerung sorgt für Entsetzen und Ratlosigkeit zugleich. Doch woran kann es liegen, dass die Steuer plötzlich so hoch ausfällt? Die Gründe sind vielschichtig.

Das Grundsteuergesetz musste in den Ländern reformiert werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die seit Jahrzehnten nicht mehr angepassten Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt hatte. Sie seien als Berechnungsgrundlage veraltet. Die "alte" Steuer darf deshalb nicht mehr fortgeführt werden, eine neue Berechnungsgrundlage musste her. Der Freistaat handelte und beschloss ein neues Steuermodell.

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Dieses wird von den bayerischen Finanzämtern nun ermittelt. Alle Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken (Stichtag: 1. Januar 2022) sowie von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft müssen bis zum 31. Januar 2023 eine Grundsteuererklärung an ihr Finanzamt abgeben. Wer diese bereits abgegeben hat, erhält in Kürze den Bescheid. Die Städte und Gemeinden berechnen dann die Höhe der Steuer auf Basis dieser Erklärung. Ab dem 1. Januar 2025 muss die neue Steuer erstmals von Grundstücksbesitzern bezahlt werden.

Flächenmodell bei der Grundsteuer in Bayern: Das müssen Grundstücksbesitzer beachten

Der Freistaat Bayern entschied sich bei der Reform für ein reines Flächenmodell. Je größer ein Grundstück ist, desto mehr muss der Besitzer dafür bezahlen. Somit werden Grundstücke in Bayern ab dem Jahr 2025 nur noch hinsichtlich ihrer Größe, der Größe der darauf stehenden Gebäude und der Nutzung der Flächen besteuert. Allerdings sollen Städte und Gemeinden nicht mehr Grundsteuer einnehmen als bislang. Dies können die Kommunen über den sogenannten Hebesatz steuern. Besonders für große Grundstücke kann es trotzdem teurer werden.

Bei der Steuererklärung sollten Sie unbedingt beachten, unter welcher Kategorie Sie Ihr Grundstück einstufen. Der extreme Anstieg des Grundsteuermessbetrags kann laut dem Bayerischen Landesamt für Steuern nämlich darauf zurückzuführen sein, dass das Grundstück bei der Grundsteuer B und nicht wie bislang bei der Grundsteuer A angegeben wurde.

Der Hintergrund: Grundsteuer A steht für "agrarisch", darunter fallen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Grundsteuer B muss dagegen für "baulich", also bebaute und unbebaute Grundstücke gewählt werden. Eine Streuobstwiese muss demnach unter Kategorie A angegeben werden, wenn diese in Zukunft nicht als Baugrund genutzt werden soll. Wenn Sie einen Bescheid mit einer deutlich höheren Summe erhalten, sollten Sie diese Angaben nochmals überprüfen.

Der Betrag für Ihr Grundstück kann sich allerdings trotzdem nochmal ändern, da die Gemeinden ihre Hebesätze erst im Jahr 2024 festlegen. Erst dann steht final fest, ob der Besitzer der Streuobstwiese in Niederbayern tatsächlich rund 2550 Euro für sein Grundstück samt Streuobstwiese bezahlen muss. Sein jetziger Bescheid ist sozusagen erstmal ein "fiktiver". Laut Focus Online will der 70-Jährige auf jeden Fall Einspruch einlegen.

Dazu rät auch Steuerberater Oliver Hagen im Interview mit dem Spiegel. Er übt scharfe Kritik an der neuen Steuer. Der Experte geht davon aus, dass die Grundsteuer "in vielen Fällen zu hoch berechnet sein wird". Sein Rat an alle Grundstücksbesitzer: Sobald sie den Steuerbescheid erhalten, sofort Einspruch einlegen. Denn die Frist dafür beträgt nur einen Monat. Wird diese verpasst, steht die Steuerlast auf die Immobilie für die nächsten sieben Jahre fest.

Horrende Summe bei der Grundsteuer: Das sind die Gründe

Ebenso kritisiert Hagen, dass der Bodenrichtwert auf die Gesamtfläche des Grundstücks bezogen wird. "Gerade in ländlichen Gebieten gibt es aber große Grundstücke, von denen Teile gar nicht als Bauland nutzbar sind, etwa wegen eines Naturteichs oder einer Obstwiese, die man nicht einfach so abholzen dürfte." Solche Grundstücksteile würden aber genauso in den Bodenrichtwert eingerechnet wie klassische Bauflächen - ein großer Haken, der zu den horrenden Summen bei der Grundsteuer führen kann.

Die bayerische Grundsteuer berechnet sich nach der neuen Reform nach festen Äquivalenzzahlen. Diese betragen für das Grundstück 0,04 Euro pro Quadratmeter und für Gebäude 0,50 Euro pro Quadratmeter. Für Wohnnutzung ist ein Abschlag von bis zu 30 Prozent möglich. Der ermittelte Betrag wird dann mit dem individuellen Hebesatz der Kommune multipliziert, wo sich das Grundstück oder die Immobilie befindet. Erst der Hebesatz der Kommune bestimmt als Prozentsatz am Ende der Berechnung die tatsächliche Höhe der zu zahlenden Grundsteuer. Doch wie bereits geschildert, werden die Hebesätze erst 2024 final festgelegt. Sonderregelungen gibt es für denkmalgeschützte Gebäude und den sozialen Wohnbau.