Jan Böhmermann will SPD-Chef werden - Verärgerung in der Partei

30.8.2019, 16:54 Uhr

Der Satiriker Jan Böhmermann bewirbt sich nach eigenen Worten mit der Kampagne #neustart19 um den SPD-Parteivorsitz. © Julia Hüttner, dpa

Der Satiriker Jan Böhmermann hat mit seiner Ankündigung, in letzter Minute SPD-Chef werden zu wollen, Deutschlands älteste Partei überrascht und provoziert. Der frühere Kanzler und SPD-Vorsitzende Willy Brandt sei ihm im Traum erschienen und habe ihm gesagt: "Du musst es machen, der Olaf (Scholz) ist 'ne Pfeife", sagte Böhmermann in seiner Show "Neo Magazin Royale" (ZDF und ZDFneo) am Donnerstagabend. Er fuhr fort: "Ich, Jan Böhmermann, möchte Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands werden."

Der Komiker startete zeitgleich im Internet eine Kampagne unter dem Hashtag "#neustart19". Nach eigenem Bekunden ist er bislang allerdings noch kein SPD-Mitglied, was aus der Partei am Freitag auch bestätigt wurde. Kritiker zweifeln an der Ernsthaftigkeit der Aktion. "Aufnehmen tun wir ihn nicht", hieß es aus der SPD in Köln-Ehrenfeld bereits.

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Bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist am Sonntagabend (1.9.) müsste Böhmermann also zunächst Mitglied werden. Dafür müsste er einen offiziellen Aufnahmeantrag stellen, über den dann der Vorstand des zuständigen Ortsvereins entscheidet. Wie am Freitag aus SPD-Kreisen zu hören war, ging bis zum Vorabend noch keine Bewerbung um eine Mitgliedschaft ein. Das wäre die Grundvoraussetzung, als Kandidat anzutreten.

Ferner braucht der 38 Jahre alte Fernsehmoderator die Unterstützung von fünf SPD-Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband. Dieser Zeitplan gilt in der SPD als "sehr sportlich", wie zu hören war. Ob Böhmermann es mit der Aktion ernst meint, war bis Freitagmittag unklar. Der Entertainer wollte sich am Nachmittag erneut äußern.

Böhmermann kann sich in seinem Heimatort Köln-Ehrenfeld wenig Hoffnung auf ein Parteibuch machen. "Darüber entscheidet der zuständige Ortsverein, in diesem Fall der Ortsverein Ehrenfeld, in dessen Vorstand ich auch tätig bin", sagte der sozialdemokratische Bezirksbürgermeister Josef Wirges. "Sicherlich werde ich dort sagen: "Der Herr kann machen, was er will, aber aufnehmen tun wir ihn nicht."" Auch in Bremen, wo Böhmermann aufwuchs, reagiert man eher angefasst. "Die Voraussetzung für eine Kandidatur ist eine SPD-Mitgliedschaft, und man sollte schon länger in der Partei sein, um sie etwas zu kennen", sagte SPD-Landesgeschäftsführer Roland Pahl.

Schwere Vorwürfe wegen Kandidatur

Obwohl einige SPD-Politiker im Netz mit humorvollen Kommentaren reagierten, löste der Vorstoß in der Partei offensichtlich vor allem Unmut aus. Der in der SPD gut vernetzte frühere Sprecher des Parteivorstands, Tobias Dünow, reagierte sogar mit scharfen Vorwürfen. "Sich über Politik und Parteien lustig zu machen, war mal mutig. Heute ist es "Mainstream", in der Politik würde man sagen: Populismus", schrieb Dünow, inzwischen Dienststellenleiter der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin, am Freitag auf Twitter.

Böhmermann beteuerte, die Aktion sei kein Witz. Bei "Neo Magazin Royale" ist Ironie allerdings fester Bestandteil der Show. "Wenn die Sozialdemokratische Partei Deutschlands tatsächlich die effiziente Demokratiemaschine ist, für die ich sie halte, muss es doch möglich sein, die Formalitäten für meine Kandidatur innerhalb von drei Tagen zu erledigen", frohlockte der Entertainer auf der Website seiner Kampagne. In der ZDFneo-Sendung zeigte er sich aber angesichts der Zeitnot zurückhaltender: "Ich weiß nicht, ob es klappt."

Bisher fünf Kandidatenduos

Die Bewerbungsfrist für die Nachfolge von Andrea Nahles als Parteivorsitzende läuft am Sonntag ab. Bislang hat der Wahlvorstand der SPD bei fünf Kandidatenduos die nötige Unterstützung anerkannt, wie ein Parteisprecher am Donnerstag mitteilte. Dies sind: Scholz und die Brandenburger Landtagsabgeordnete Klara Geywitz; Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping; Europa-Staatsminister Michael Roth und die ehemalige nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann; die beiden Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer; sowie die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis und der Verdi-Chefökonom Dierk Hirschel.