Kritik am Ministerium

Lehrermangel in Bayern: Sollen jetzt auch Schwangere unterrichten?

2.8.2022, 15:24 Uhr

Schwangere Lehrerinnen in Bayern dürfen während der Corona-Pandemie nicht ins Klassenzimmer. © Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild

Der Lehrermangel wird sich an den bayerischen Grund- und Mittelschulen zu Beginn des neuen Schuljahrs im September voraussichtlich weiter verschärfen. Die Schulen erfuhren vor wenigen Tagen kurz vor der Zeugnisausgabe, dass nach den Ferien Unterrichtsangebote gestrichen werden müssen, um ausreichend Pädagogen als Klassenleiter zu haben. Das Kultusministerium in München spricht offiziell nur von möglichen "punktuellen Einschränkungen bei Wahl- und Neigungsangeboten".

Die Lage wird dadurch noch mal verschärft, dass schwangere Frauen während der Corona-Pandemie keinen Präsenzunterricht halten dürfen. Laut Ministerium sind es derzeit rund 3.000 Lehrerinnen, die dadurch ausfallen.

Doch um der "dramatischen Situation" entgegenzuwirken, fordert der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler und Vorsitzende des Bildungsausschusses Tobias Gotthardt, das Betretungsverbot für schwangere Lehrerinnen zu lockern. Dem Bayerischen Rundfunk zufolge sei er der Meinung, dass viele Betroffene das "vom Sozialministerium verordnete" Betretungsverbot gar nicht wollen würden. Vielmehr sollte auf ärztlich verordnete Einzelfallentscheidungen gesetzt werden. "Lasst die arbeiten, die arbeiten wollen", sagt er.

Werbung
Werbung

BLLV: Eine klare Entscheidung von oben

Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), kann dir Forderung der Freien Wähler an sich nachvollziehen. Es gäbe Lehrerinnen, die ihre Schwangerschaft so lang verheimlichen wie möglich, um weiter zu unterrichten.

Doch am Ende müsse eine klare Entscheidung von oben kommen, zitiert der BR. Es müsste geklärt werden, inwieweit es noch gefährlich ist, dass Schwangere zur Schule gehen. Allerdings wird sich der aktuelle Lehrermangel so schnell nicht verbessern. "Wir lösen das Problem nicht, indem wir nur den Schuldigen suchen. Zuerst die ukrainischen Flüchtlingskinder, nun die 3000 schwangeren Lehrerinnen. Das bringt uns nicht weiter", fügte sie hinzu.

Opposition kritisiert - "Überforderung statt Weitsicht"

In der vergangenen Woche hatte das Ministerium über die sieben Bezirksregierungen die Schulbehörden mittels eines Briefes über die Probleme informiert. Das Kultusministerium forderte damit alle Schulen auf, minimal zu planen, also nur noch das anzubieten, was scheinbar unbedingt notwendig ist.

Für den Grünen-Bildungspolitiker Thomas Gehring klinge das nach "Überforderung statt Weitsicht". "Statt Lösungen zu schaffen, schlägt der Kultusminister vor, das Unterrichtsangebot zu kappen", sagte er. Auch AfD-Bildungsexperte Oskar Atzinger beklage ein "absolutes Debakel der Bildungspolitik" im Freistaat und fordert die Abschaffung des Betretungsverbots für Schwangere. Die SPD-Fraktion geht bereits für das kommende Schuljahr von "nie da gewesenen Herausforderungen" aus.