Bund-Länder-Gipfel

Lockdown für Ungeimpfte, Impfpflicht und 2G: Das sind die neuen Corona-Regeln

19.11.2021, 10:52 Uhr

Nach der Bund-Länder-Konferenz in Berlin äußerten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs. © MICHAEL KAPPELER, AFP

Angesichts der immer bedrohlicheren Corona-Welle mit Rekord-Infektionszahlen kommen neue Alltagsauflagen auf Millionen Bürger zu. Weitreichende praktische Folgen haben die Beschlüsse von Bundestag, Bundesländern und Bundesregierung vom Donnerstag für Ungeimpfte.

"Es ist wirklich absolute Zeit zum Handeln", mahnte die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eindringlich. Sie sprach von einer dramatischen und "wirklich besorgniserregenden" Infektionssituation. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kündigte für den Winter "einschneidende Maßnahmen" an. Es gelte nun, als Land zusammenzuhalten. Bisher Nicht-Geimpfte sollten sich "einen Ruck" geben und sich impfen lassen. Merkel betonte: "Wir wissen, und das ist bedauerlich, wir könnten besser dastehen, wenn die Impflücke nicht so groß wäre."

Der Bundesrat hat am Freitagvormittag nach langem Ringen grünes Licht für neue Corona-Auflagen gegeben. Die Länder stimmten am Freitag einstimmig für das umstrittene, von SPD, Grünen und FDP vorgelegte Infektionsschutzgesetz.

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Die Corona-Beschlüsse im Überblick:

Ausschlaggebend ist künftig die Hospitalisierungsrate

Um die Ausbreitung des Virus in den Griff zu kriegen, legten Bund und Länder neue Grenzwerte für Beschränkungen fest. Ausschlaggebend ist künftig die Hospitalisierungsrate. Der Wert gibt an, wie viele Corona-Infizierte pro 100.000 Menschen in den vergangenen sieben Tagen ins Krankenhaus kamen.

Liegt die Rate über drei, soll in dem Bundesland für Freizeiteinrichtungen, Kultur- und Sportveranstaltungen, Gastronomie und bestimmte Dienstleistungen flächendeckend 2G gelten. Zutritt haben dann nur Geimpfte und Genesene. Steigt die Krankenhaus-Rate auf mehr als sechs, sollen Geimpfte und Genesene in bestimmten Einrichtungen wie Diskotheken, Clubs und Bars zusätzlich einen Test vorlegen (2G plus).

Derzeit liegt die "Hospitalisierungs-Inzidenz" in 11 der 16 Bundesländer über drei, lediglich Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und das Saarland wären also nicht betroffen. In drei Ländern liegt der Wert über sechs: in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bayern.

Kontaktbeschränkungen

Spitzt sich die Lage noch mehr zu, sollen die Länder laut Merkel auch wieder Kontaktbeschränkungen einführen. Dabei reiche der vom Bundestag beschlossene Maßnahmenkatalog ihrer Meinung nach nicht aus, sagte Merkel. Man habe sich aber geeinigt, diesen Katalog zeitnah zu überprüfen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) betonte, diese Evaluierung - spätestens am 9. Dezember bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz - sei für die unionsgeführten Bundesländer elementar.

3G-Vorgaben am Arbeitsplatz

Die 3G-Regel wird nun auch den Arbeitsplatz umfassen – es sei denn, betriebliche Gründe machen das unmöglich. Bundesweit sollen Beschäftigte ihrem Arbeitgeber künftig täglich einen Impfnachweis oder Genesenennachweis vorlegen müssen.

Öffentlicher Nahverkehr

Auch in Bussen und Bahnen wird zusätzlich zur Maskenpflicht die 3G-Regel eingeführt, somit sind auch dort künftig Nachweise über Impfung, Genesung oder negativen Test nötig. "Der Testnachweis ist auf Verlangen vorzuzeigen", heißt es dazu im Beschluss.

Impfpflicht für Pflegeberufe

Die Bundesländer baten den Bund zudem, in bestimmten Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen eine Impfpflicht für alle einzuführen, die Kontakt zu besonders gefährdeten Personen haben. Der Bund wolle darüber in Kürze entscheiden, kündigte die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an.

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Alten- und Pflegeheime und Kliniken

Für Pflegeheime und Kliniken sollen Testpflichten für Beschäftigte und Besucher verankert werden. Dies gilt auch in Wohnheimen von Menschen mit Behinderungen und anderen vulnerablen Personen.

Schulen, Kitas und Geschäfte

Auf der anderen Seite aber sollen etwa flächendeckende Schließungen von Schulen, Kitas, Betrieben und Geschäften künftig nicht mehr möglich sein. Nur einzelne Einrichtungen mit besonders hohen Infektionszahlen können geschlossen werden, nicht aber etwa alle in einem Landkreis oder gar einem Bundesland.

Restaurants und Reisen

Auch Beschränkungen von Reisen, Übernachtungsmöglichkeiten und Schließungen von Restaurants sind mit dem neuen Gesetz tabu.

Lockdowns für Hotspots

Durch eine "Länderöffnungsklausel" können einzelne Bundesländer, die als Hotspot gelten, mögliche Shutdowns verhängen: Sollte die Hospitalisierungsinzidenz über neun steigen, dürfen die Länder dann von "den weitergehenden Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes konsequent Gebrauch machen".

Impfkampagne

Dringendes Thema von Bund und Ländern war auch, bei den Impfungen Tempo zu machen. Hausärztinnen und Betriebsärzte sollen verstärkt Boosterimpfungen anbieten, auch die Impfzentren werden reaktiviert. Geprüft werden soll außerdem, ob auch Nichtärzte künftig impfen dürfen – Merkel beispielsweise hatte in der Besprechung von Apothekerinnen und Apothekern gesprochen.

Booster-Impfungen

Als akutes Instrument zum Eindämmen der Corona-Welle gelten Auffrischungen länger zurückliegender Impfungen. Merkel sagte, bis Jahresende seien 27 Millionen nötig. "Bund und Länder verpflichten sich, jedem ein Angebot zu machen", betonte sie. Dafür sollen neben den Praxen mehr öffentliche Angebote eingerichtet werden. Bisher haben 4,8 Millionen Menschen Auffrischungen bekommen.

Mehr Kontrollen

Außerdem sollen die Corona-Schutzmaßnahmen zukünftig stärker kontrolliert werden, um Missbrauch zu verhindern. Die Länder bekräftigten zudem die Beibehaltung der bereits wieder eingeführten kostenlosen Bürgertests. Bei Bedarf soll die Bundeswehr den Ländern beim Testen oder der Impfinfrastruktur zu Hilfe kommen.

Bonus für Pflegekräfte

Für Pflegekräfte wurde ein Pflegebonus in Aussicht gestellt. Die Höhe ist bislang unklar, die Länder bitten den Bund, die erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen.

Unterstützung für Unternehmen

Unternehmen, die besonders von der Pandemie betroffen sind, sollen erneut finanzielle Unterstützung erhalten. Dazu wird die Überbrückungshilfe III Plus entsprechend bis zu 31. März verlängert.