"Milde" Strafen nach S-Bahn-Tragödie: Erziehung statt Sühne

18.12.2019, 18:15 Uhr

Ein Partyabend endete Ende Januar in einer Tragödie. © ToMa

Die Jugendstrafe, die die Jugendkammer I des Landgerichts gegen zwei 18-Jährige ausgesprochen hat, ist schwer zu begreifen. Warum werden die beiden nicht wegen Totschlags belangt? Nimmt ein Mensch, der einen anderen Menschen ins Gleisbett stößt, nicht grundsätzlich dessen Tod in Kauf?

Zwischenzeitlich hatte sogar das Gericht den Hinweis gegeben, dass auch eine Verurteilung wegen Totschlags infrage kommen könnte. Die Richter wollten eigentlich noch im November zu einem Urteil kommen. Das Verfahren aber gestaltete sich zäher als geplant. Gewissenhaft fügten die Richter Puzzlestück an Puzzlestück, fragten Zeugen um Zeugen.

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Entstanden ist ein genaues Bild dessen, was auf dem Bahnsteig passiert ist, als außerplanmäßig ein Zug durchfuhr. Ein Nachweis, dass die Angeklagten mit dem Tod der beiden Jugendlichen hätten rechnen können, ist dem Gericht jedoch bei aller Akribie nicht gelungen. Eine Verurteilung wegen Totschlags aber ist ohne den Nachweis einer solchen Tötungsabsicht nicht möglich.

Für die Eltern muss das ein Schlag ins Gesicht sein. Sie hatten die Staatsanwaltschaft bereits vor dem Prozess kritisiert, der Tatbestand "Körperverletzung mit Todesfolge" klinge verharmlosend. Nur: Wenn ein Gericht nicht an Gesetze gebunden ist, wer dann?

Wie gerecht aber kann es sein, dass die Angeklagten in spätestens zweieinhalb Jahren – die Untersuchungshaft wird von der Strafe abgezogen – wieder auf freiem Fuß sind? Hätte es für Menschen, die den Tod anderer zu verantworten haben, nicht eine wesentlich höhere Strafe geben müssen? Auch diese Frage wird im Netz diskutiert.

Junge Täter können sich bessern

Das Gericht aber hat mit Augenmaß geurteilt. Gerade im Jugendstrafrecht – und das ist gegen zwei Jungen, die zur Tatzeit gerade einmal 17 Jahre alt waren, zwingend anzuwenden – geht es schließlich nicht um Abschreckung. Es soll eben keine Drohung an all jene sein, die mit dem Gedanken spielen, eine ähnliche Tat zu begehen.

Statt Generalprävention zählt der Erziehungsgedanke. Der Gesetzgeber geht zu Recht davon aus, dass junge Menschen formbar sind. Und genau deshalb zielt das Jugendstrafrecht auch darauf ab, jungen Menschen die Chance zu geben, sich zu bessern – ohne lange Haftstrafen.