Sondierungsgespräche gehen weiter

Politisches Speeddating: Warum die Ampel wahrscheinlich bleibt

4.10.2021, 12:16 Uhr

Schon jetzt ein legendäres Foto: Grüne und Liberale bei ihrer ersten Sondierung. © Volker Wissing/FDP/instagram/dpa

In der echten Partnersuche nennt man es "Speeddating". Mehrere Menschen sitzen in einem Raum und wechseln alle paar Minuten den Tisch, um binnen kürzester Zeit möglichst viele potenzielle Partner kennenzulernen. In der Politik nennt man das Sondierungsgespräche. Bald werden die in Frage kommenden Kräfte miteinander gesprochen haben: FDP und Grüne, Grüne und SPD, Union und FDP, SPD und FDP, Union und Grüne. Dann ist es Zeit für eine erste Bilanz - und für die schwierige Frage, mit wem es weitergeht auf dem Weg zu einer ernsthaften Beziehung.

Noch wissen wir Außenstehenden vergleichsweise wenig. Die klassischen Lager Rot-Grün und Schwarz-Gelb haben bekundet, dass sie miteinander ganz gut könnten. Aber das war erstens erwartbar und reicht zweitens nicht für eine Mehrheit im Bundestag. Es wird sich also heute, morgen oder übermorgen schon noch einiges tun müssen. Knapp gesagt: Entweder wechselt die FDP ins linke Lager (Ampel) oder die Grünen wechseln ins bürgerliche Lager (Jamaika).

Ersteres war bereits vor den Sondierungen die wahrscheinlichere Variante und daran hat sich auch während der Gespräche nichts geändert. Der Sprung ist jeweils etwa gleich weit, egal ob ihn nun die Liberalen oder die Grünen tun. Nur ist es eben eine Tatsache, dass eine Ampel gemeinsam auf ein Plus von knapp zwölf Prozentpunkten bei der jüngsten Bundestagswahl kommt und Jamaika auf ein Minus von gut zwei Prozentpunkten.

Aufbruch nur mit Ampel?

Offensichtlich verstünden es die Bürgerinnen und Bürger nicht als einen Aufbruch, falls Union, Grüne und FDP zusammenkämen. Wenn es überhaupt so etwas wie eine Erkenntnis aus dem Wahlverhalten gibt, dann jene: CDU und CSU sollen mal Pause machen in der Regierungsverantwortung. Weder ihr Kandidat noch ihr Programm scheinen überzeugt zu haben.

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Und so würde es schon sehr überraschen, wenn am Ende des politischen Speeddatings etwas anderes herauskäme als die erste Ampel auf Bundesebene. In Rheinland-Pfalz, soviel immerhin wissen wir, befindet sich dieses Modell bereits in der zweiten Legislaturperiode. Man arbeitet geräuschlos zusammen. Allerdings gibt es dort auch bei weitem nicht so viele Bruchstellen. Wenn SPD, Grüne und FDP sich zu formellen Koalitionsgesprächen entscheiden, dann sind sie ab dem Zeitpunkt in gewisser Weise auch Gefangene ihrer selbst. Vor allem die Liberalen können es sich kaum erlauben, die Verhandlungen nach wenigen Wochen wieder platzen zu lassen. Zweimal nacheinander dürfte ihre Klientel soetwas nicht verzeihen.

Klare Ansage für Große

Generell wird es für die beiden kleineren Parteien darauf ankommen, dem großen Partner eine klare Ansage zu machen. Das deutete sich ja bereits durch deren ungewöhnliche Vorabsprachen an. Wenn sie das schaffen, dann können sie möglicherweise die Distanz zu den sogenannten Volksparteien noch weiter verkleinern.