Schlappe bei der Europawahl: Der CSU-Nimbus ist dahin

27.5.2014, 08:00 Uhr

Horst Seehofer ist angeschlagen, will Verantwortung übernehmen. Die Europawahl war ein Schlag ins Kontor für die CSU. © dpa

Es gibt sicherlich nicht nur einen Grund für das historisch schlechte CSU-Ergebnis im Freistaat: Ob der Wahlkampfkurs zu europakritisch war, die Wahlkampfmüdigkeit der Parteibasis verbunden mit einer misslungenen Mobilisierung des eigenen Wählerpotenzials oder vielleicht auch die Absicht vieler Wähler, der schon wieder zu Hochmut neigenden CSU rechtzeitig wieder einen Dämpfer zu verpassen? Es wird wohl von allem etwas gewesen sein.

Die tatsächlichen Folgen mögen für die zwei bisherigen CSU-Europaabgeordneten Martin Kastler und Bernd Posselt, die nun draußen bleiben müssen, schmerzlich, für die Partei aber verkraftbar sein; die absolute Mehrheit im bayerischen Landtag und die Beteiligung an der Bundesregierung sind für die CSU ungleich wichtiger. Schmerzlich sind vor allem die psychologischen Folgen des schwarzen Sonntags. Die sind so ähnlich wie für den FC Bayern München das Ausscheiden aus der Champions League: Der Nimbus der Unbesiegbarkeit ist erst einmal dahin.

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Gelitten hat der Glaube an das „Bauchgefühl“ von Horst Seehofer. Bisher konnte er mit der Partei und seinen Mitstreitern nach Belieben verfahren, weil ihm am Ende der Wähler immer recht gegeben hat. Zähneknirschend nahmen seine Gefolgsleute alle Nasenstüber und Kurswechsel im Vertrauen darauf hin, dass Seehofers „Bauchgefühl“ schon alles richten werde.

Doch jetzt hat den CSU-Chef sein Bauchgefühl offenbar getrogen. Der Absturz gegenüber den Wahlprognosen um sieben bis acht Prozent kam wie eine eiskalte Dusche und holte die CSU so abrupt auf den Boden zurück wie Real Madrid die „Bayern“ in der Champions League. Sie spülte gleichzeitig auch einen Teil des Respekts vor der zuweilen unergründlichen Weisheit des CSU-
Chefs hinweg.

Unchristliche Mechanismen?

Deutliches Zeichen dafür sind die vielfachen kritischen Anmerkungen zum Wahlkampfkonzept, die parteiintern sofort nach Auszählung der Stimmen laut wurden. Jetzt wissen es natürlich viele besser, die sich vorher keinen Mucks erlaubten. Und natürlich gibt es auch in der Schwesterpartei CDU etliche, die jetzt spitze Bemerkungen machen, nachdem sich bei früheren Wahlen immer wieder CSU-Politiker über die Schwächen der CDU mokiert hatten. Keiner weiß besser als Seehofer, mit welchen üblicherweise ganz und gar unchristlichen Mechanismen in seiner Partei und in der Union insgesamt in solchen Fällen zu rechnen ist.

Der Erfolg hat viele Väter, die Niederlage ist zumindest in diesem Falle kein Waisenkind, sondern hört auf Papa Seehofer. „Als Parteivorsitzender übernehme ich die Verantwortung für das Ergebnis“, erklärte der CSU-Chef am Montag mehrfach. Anderen öffentlich Fehler in die Schuhe zu schieben hätte für einen, der gerne mal austeilt, ohnehin wenig Sinn.

Die Debatte um die Seehofer-Nachfolge erwartete man bislang um das Jahr 2016 herum. Der Betriebsunfall Europawahl könnte dafür sorgen, dass der Termin vorgezogen wird. Am Montag sagte Seehofer dazu, was man in solchen Situationen so sagt: „Ich werde mein Wort, diese Legislaturperiode als Ministerpräsident auszufüllen, nicht brechen.“ Mal sehen, wie lange es gilt.