Trumps Vorgänger: Die kuriosesten Präsidenten der USA

30.10.2020, 17:29 Uhr

Handschlag unter Rivalen: 1960 gewann John F. Kennedy für die Demokraten die Präsidentschaftwahlen gegen den Republikaner Richard Nixon.  © TopFoto.co.uk via www.imago-images.de

Einer schlief am Kabinettstisch ein, ein anderer war so wortkarg, dass er nicht einmal den politischen Gegner beschimpfte, und ein dritter betrog seine Frau am laufenden Band: Es gab schon vor Donald Trump seltsame Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Historiker und Amerika-Kenner Ronald D. Gerste stellt sie uns in seinem unterhaltsamen Buch "Trinker, Cowboys, Sonderlinge" vor.

Wobei es nicht immer an bizarren Gewohnheiten oder eigenwilliger Amtsführung der mächtigen Männer selbst lag, dass sie in diese zwölfköpfige Ahnengalerie gelangten. Chester Alan Arthur zum Beispiel wird porträtiert, weil ihn die Nachwelt schlicht vergessen hat. Der Republikaner regierte zwischen 1881 und 1885 sehr solide, gilt aber heute als unbekanntester Präsident aller Zeiten und schaffte es daher in Gerstes Auswahl.

Der zügellose Kennedy

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Dort kommen freilich auch einige sehr prominente Herren wie der Bürgerkriegsgeneral Ulysses S. Grant (Präsident von 1869 bis 1877) oder der 1963 einem Attentat zum Opfer gefallene John F. Kennedy vor. Gerste beschreibt Kennedy als einen "Zügellosen", der es seiner Frau Jacqueline nicht leicht machte. Seine Mitarbeiter stellten demnach sicher, dass Kennedy auf seinen Reisen in den Hotels Frauenbesuch bekam und organisierten diesen auch im Weißen Haus, wenn Jacqueline nicht zu Hause war. Mutmaßungen zufolge könnten Medikamente die Ursache für die "hyperaktive Libido" (so der Autor) gewesen sein. Gerste verkennt nicht den außerordentlichen Esprit Kennedys und die Verdienste des Demokraten, etwa in der Kuba-Krise 1962. Aber der Historiker betont an einer Stelle auch, dass in Ranglisten über die Bedeutung einzelner Amtsinhaber die Ansicht des allgemeinen Publikums, in der JFK hoch geschätzt wird, und die der Akademiker mitunter differieren.

Der glücklose Pierce

Einem, der in beiden Tabellen sehr weit unten steht, versucht Gerste Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Der "tragische Charmeur" Franklin Pierce, Amtsinhaber von 1853 bis 1857, gilt als einer der schlechtesten Präsidenten aller Zeiten. Gerste, der sich ohnehin mit großer Empathie der zwölf seltsamen Herren annimmt, beschreibt ihn indes als einen sehr angenehmen Menschen, der einfach auch viel Pech hatte und schlimme Schicksalsschläge verkraften musste. Pierce, der auch mit dem Alkohol kämpfte, war der einzige Präsident, der von seiner Partei, den Demokraten, am Ende seiner Amtszeit nicht für eine zweite vorgeschlagen wurde.

Umweltschützer Roosevelt

Ein Streiter für die Umwelt und gegen die Macht einzelner Konzerne: Theodore Roosevelt. © imago stock&people

Den Widerpart zu Pierce in Sachen Nachruhm stellt Theodore Roosevelt dar, Republikaner und Präsident von 1901 bis 1909. Er gilt als einer der besten Amtsinhaber aller Zeiten, und Gerste schließt sich diesem Urteil an. Der Cowboy, der sich schon mal in Saloons raufte, war ein großer Umwelt- und Naturschützer, der die amerikanischen Nationalparks ausbaute. Zudem hatte er den Mut, sich mit mächtigen Konzernen anzulegen. Weil er 1913 noch einmal in das Amt zurückkehren wollte, spaltete er indes das republikanische Lager und verhinderte damit die Wiederwahl des 158-Kilo-Kolosses William Howard Taft. Taft war es übrigens, der als Folge seiner unheimlichen Körperfülle unter Schlafapnoe litt und in den unmöglichsten Situationen einschlief, manchmal sogar im Stehen bei offiziellen Anlässen. Gerste schildert ihn aber als einen menschenfreundlichen Mann und ausgezeichneten Juristen, der trotz dieses Handicaps einen guten Job machte.

Dunkelmann Nixon

Den Dunkelmann in Gerstes Galerie gibt Richard Nixon, der nach der "Watergate-Affäre" 1974 zurücktreten musste. Den Einbruch ins Hauptquartier der Demokraten bewertet der Autor jenseits von rechtlichen Aspekten als "unglaubliche politische Dummheit", weil die Demokraten zu diesem Zeitpunkt dem politisch erfolgreichen Nixon nicht hätten gefährlich werden können. Seine Wiederwahl wäre wohl sicher gewesen.

Der aktuelle Präsident findet übrigens in dem informativen und glänzend geschriebenen Buch nur einmal namentlich Erwähnung – und das in einem Zitat. Man vermisst ihn nicht. Und Gerste hält sich in diesem Punkt an die Devise eines seiner Sonderlinge - Calvin Coolidge, Präsident von 1923 bis 1929, verlor nie zu viele Worte.


Ronald D. Gerste: Trinker, Cowboys, Sonderlinge. Die 12 seltsamsten Präsidenten der USA. Klett-Cotta, 286 S., 20 Euro.