So wird das nix

Verkehrswende? Warum die Politik die Menschen regelrecht ins eigene Auto treibt

17.9.2021, 15:17 Uhr

Verkehrswende: Warum die Politik die Menschen regelrecht ins eigene Auto treibt © Michael Gstettenbauer via www.imago-images.de, imago images/Michael Gstettenbauer

Wer innerhalb Münchens eine Fahrt mit öffentlichen Bussen oder Bahnen unternehmen will, muss schon jetzt tiefer in die Tasche greifen als in den meisten anderen Ballungsräumen Deutschlands: 3,40 Euro kostet die Einzelfahrkarte, auf 2,92 Euro reduzieren sich die Kosten beim Kauf einer Streifenkarte. Weil der Münchener Verkehrsverbund in der Pandemie massive Einnahmeausfälle hinnehmen musste, beschlossen deren Gesellschafter am Freitag eine Aufstockung von kräftigen 3,7 Prozent. Im vergangenen Jahr hatten die ÖPNV-Preise in der bayerischen Landeshauptstadt schon einmal um 2,8 Prozent zugelegt.

Schon bisher haben viele Münchener das eigene Auto für die Stadtfahrt auch aus ökonomischen Gründen verwendet. Für die 13,60 Euro, die eine Stadtfahrt für zwei Personen an der Isar kostet, kommt man mit dem Auto selbst bei hohen Spritpreisen weiter. In den Zeiten des Lockdowns war das Auto ohnehin das Verkehrsmittel der Wahl, weil es wie kein anderes Sicherheit vor Infektionen versprach. In den Münchener Bahnen ist immer noch Corona bedingte Mahnung zu lesen: "Vermeiden Sie unnötige Fahrten". Gemeint ist mit der Werbung gegen die eigene Sache die Bahn und der Bus, nicht das eigene Auto.

Widerspruch zwischen Reden und Handeln

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Es braucht keiner weiteren Erläuterung, dass es so mit der Verkehrswende nichts werden kann. Die Politik redet über das Ein-Euro-Ticket und gleichzeitig wird den zahlenmäßig immer wenigeren ÖPNV-Kunden finanziell das Fell über die Ohren gezogen. Anschaulicher kann man den Widerspruch zwischen Reden und Handeln nicht machen.

Das Auto wird aber noch in anderer Hinsicht massiv gefördert, wie kürzlich der ADAC bei der Vorlage der Urlaubsbilanz 2021 feststellte. Weil man der Zuverlässigkeit des Transports mit der Bahn und dem Flugzeug misstraut, stimmten die Deutschen im Reisesommer 2021 mit den Rädern ab. Wer hat schon Lust, im Urlaub wegen geänderter Einreisebestimmungen, Streiks und sonstigen Widrigkeiten und Unzuverlässigkeiten auf Flughäfen und Bahnhöfen zu stranden? Mit dem eigenen Auto komme man immer irgendwie zurück, so der ADAC-Tourismuspräsident Karlheinz Jungbeck.

Das ist wahr, sehr wahr. Und solange es so bleibt und die Preise für öffentliche Verkehrsmittel - auch der Bahn - ständig nach oben geschraubt werden, wird das Auto fröhliche Renaissance feiern, auch das mit fossilem Verbrennungsmotor. Denn wer einmal mit seinem Batterieauto versucht hat, ans Mittelmeer zu fahren, wird das in Zukunft bleiben lassen. Wie zum Beispiel VW-Chef Herbert Diess, der bei seiner Tour an den Gardasee Probleme hat, Stromtankstellen zu finden.