Von Seehofer düpiert: Merkel verlässt CSU-Parteitag grußlos

20.11.2015, 19:43 Uhr

Angela Merkel zieht die Mundwinkel immer tiefer nach unten. Die Arme hat sie abwehrend verschränkt, ihr Blick ist finster. Was Horst Seehofer gerade mit ihr auf der Bühne des CSU-Parteitags macht, geht der Kanzlerin und CDU-Chefin erkennbar gegen den Strich.

Nach einem freundlichen Empfang durch die CSU-Delegierten führt ausgerechnet der CSU-Chef sie offen wegen ihrer Flüchtlingspolitik vor. Ohne weiteren Gruß verlässt Merkel nach Seehofers Replik auf ihre vorhergehende Rede beim CSU-Parteitag den Saal.

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Die Blumen und ein Geschenk zum zehnjährigen Jubiläum ihrer Kanzlerschaft drückt sie einem Mitarbeiter in die Hand und schon ist sie weg - kein Abschiedsgruß, kein Winken, durch einen Seiteneingang verlässt sie die Halle. Als Merkel gerade raus ist, nimmt Seehofer die Gratulationen von teilweise vor Freude feixenden Christsozialen entgegen.

"Sie wollte das so"

Den CSU-Chef scheint das zu bestärken. "Sie wollte das so", sagt er. Seehofer hatte Merkels Rede nicht auf sich sitzen lassen mögen. Darin widersprach sie der CSU-Position, dass in der Flüchtlingsfrage nun Obergrenzen für die Zuwanderung eingeführt werden müssen.

Merkel plädierte für ein Gesamtpaket aus nationalen und internationalen Vorgehensweisen - mit diesem Ansatz „schaffen wir es im Unterschied zu einer einseitig festgelegten Obergrenze, einer nationalen Obergrenze, im Interesse aller zu handeln“. Zunächst wirkte es so, als würden die rund tausend Delegierten diese Kröte schlucken, es gab einigen Applaus.

Alleine der oberbayerische Delegierte Roland Gaßner schien mit einem „Merkel raus“-Plakat aus der Reihe zu tanzen. Doch dann redete Seehofer minutenlang auf Merkel ein, um seinen wesentlichen Punkt zu verdeutlichen. "Wir haben also diese große Bitte und Forderung, dass wir weiter reden über diese Obergrenzen."

Besonders gegen den Strich gegangen sein dürfte Merkel vor allem eine Aussage: CDU und CSU hätten sich in der Vergangenheit immer bemüht, "die internationale Verantwortung einerseits und die nationalen Interessen andererseits zu verbinden", sagte Seehofer. Dies sei heute anders.

Ein Tiefschlag - Seehofer hält also der Bundeskanzlerin vor, die Interessen Deutschlands zu vernachlässigen. Womöglich hat Seehofer der vorherige Verlauf des Parteitags so kampfeslustig gemacht. Zwar verabschiedeten die Delegierten den Leitantrag des Parteivorstands mit der Forderung nach einer Obergrenze. Aber es gab zwei Wortmeldungen, die es in sich hatten.

So hielt der Delegierte Willibald Schels der CSU-Spitze vor, ihre wortgewaltigen Poltereien seien nichts wert. "Es geschieht nichts", schimpfte er und erhielt viel Applaus.

Auch Söder kampfeslustig

Und da war Bayerns Finanzminister Markus Söder, der sich gerade in einer öffentlichen Kraftprobe mit Seehofer befindet und deutlich machte, dass er nicht zurückstecken will. Der Franke äußerte sich ebenfalls zu dem Leitantrag zur Flüchtlingspolitik und traf dabei einen Ton, der den Delegierten offenbar gefiel. So vermischte er die humanitäre Hilfe mit der Haushaltslage: "Die beste finanzielle Situation ist eine Begrenzung der Zuwanderung", sagte Söder und bekam dafür viel Applaus der Delegierten.

Ob es der parteiinterne Gegenwind war oder doch einfach das Öffnen eines Ventils nach dem seit Wochen laufenden Streit um die Flüchtlingspolitik: Seehofer hat für einen neuen Knall gesorgt.

Mit der Aussage, "ich trage nach wie vor die Hoffnung im Herzen, manchmal auch ein Stück Gewissheit: Wir werden uns noch irgendwie verständigen", versuchte er zwar Milde reinzubringen.

Doch Merkel zog dazu nur noch die Augenbrauen hoch - der Besuch bei der Schwesterpartei war ihr da schon gründlich verdorben.