Wirtschaftsminister Altmaier in Fürth: Unterschätzte Unternehmer

9.10.2019, 10:17 Uhr

Minister Peter Altmaier (CDU) schwärmt bei seinem Besuch im LEZ von der Volksnähe ("Unterschätzen Sie die Zigarre nicht!") und der Leistung des ersten Wirtschafts-Ressortchefs der Bundesrepublik. Altmaier hat Erhard selbst erlebt, als kleiner Bub. Da kam der (tatsächliche oder vermeintliche, da streiten die Gelehrten) "Vater des Wirtschaftswunders" im Saarland in das Bergwerk, in dem Altmaiers Vater als Kumpel im Bergbau arbeitete und seinen Sohn mitnahm zum hohen Besuch. "Ich glaube, Erhard hat mir zugeblinzelt", witzelt Altmaier bei seinem Vortrag im LEZ.

Danach setzt sich Ulf Poschardt neben ihm aufs Sofa zum Talk. Der aus Nürnberg stammende Chefredakteur der Welt hat seit kurzem noch mehr Nähe zu Erhard, obwohl der ein Fürther war: Er bekommt den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik, wegen seines pointierten Kämpfens für die Soziale Marktwirtschaft in Zeiten von Enteignungsdebatten (so die Begründung). Als streitbarer bis polemischer Kämpfer und smarter Vermarkter der eigenen Rolle (und seines Blattes) präsentiert sich Poschardt in Fürth. Die Welt erscheint im Springer-Verlag – womit eine weitere Nähe zum Erhard-Zentrum in den Blick rückt: Die Friede-Springer-Stiftung finanziert einen Lehrstuhl, der am LEZ eingerichtet werden soll, wie dessen Gründerin Evi Kurz eingangs erwähnt.

Werbung
Werbung

Gut funktionierende Netzwerke

Zu sehen sind da Netzwerke, die bestens funktionieren: Am Ende seiner Rede sagt Altmaier an die Adresse von Evi Kurz: "Wenn Sie mal einen Anbau brauchen, dann kommen Sie zu mir oder meinem Nachfolger." Zur Erinnerung: Das vom Bund und dem Freistaat geförderte LEZ war in Fürth lange umstritten – architektonisch ist dies der moderne Komplex direkt neben dem Rathaus nach wie vor, inhaltlich hält er allerdings auch jüngsten Debatten über die Rolle von Erhard in der NS-Zeit, die nichts Neues brachten, stand: Die Vergangenheit wird da in allen Facetten beleuchtet. Erhard war kein Nazi, aber auch kein Widerstandskämpfer, er profitierte als Berater von Aufträgen des Regimes.

 

In die Schlagzeilen kam Erhard nun auch in seiner Heimatstadt kürzlich durch OB Thomas Jung. Er will einen der bekanntesten Söhne der Kleeblattstadt in die Walhalla bringen: Als Ministerpräsident Markus Söder am Sonntag beim Erntedankzug zu Gast war, warb der wahlkämpfende Sozialdemokrat beim CSU-Chef aus Nürnberg für diese Idee.



Altmaier und Poschardt schwärmen im LEZ vor allem für dieses Zentrum, das "großartig" sei. Und sie werben vor allem dafür, Unternehmer in Deutschland mehr wertzuschätzen. "Wenn es in deutschen Schulbüchern – auch bayerischen – um Wirtschaft geht, dann liest sich das so, als hätten Katja Kipping und Sahra Wagenknecht die Lehrpläne geschrieben", sagt Poschardt. Eine Studie habe belegt, dass deutsche Schulen da besonders kritisch unterrichten. Er kritisiert die "unternehmer-skeptische Leitkultur" im Lande und befürchtet, dass "wir unsere Erfolgskultur verlieren".

Handwerker in die Schulen

Altmaier fordert, dass zum Beispiel Handwerksmeister viel öfter Schulen besuchen und dort für ihren Sprung in die Selbstständigkeit werben sollten. Und klagt: "Wer Erfolg hat, wird bei uns oft schief angesehen. Dabei ist er kein geldgieriger Kapitalist, sondern einer, der sich ums Gemeinwohl verdient macht."

Poschardt ruft die Unternehmer auf, sich viel stärker an der öffentlichen Debatte zu beteiligen. "Sie wären mit Ihrem Engagement tolle Zeugen für Ludwig Erhard." Im Saal sitzen etliche führende Köpfe der Wirtschaft aus der Region – Unternehmer, die, wie Evi Kurz vorrechnet, für rund 30.000 Arbeitsplätze im Großraum stehen. An sie appelliert Poschardt: "Sie müssen raus an die mediale Front. Für jedes von Ihnen verweigerte Mikrofon stehen drei hysterische Klima-Aktivisten bereit", so der Publizist.

Apropos Klimaschutz: Auch da, so Altmaier, sei der Markt Erhards besser geeignet für Lösungen als immer neue Regeln oder Verbote.