Kreative ,Heißluft’ in GOHO

9.10.2013, 08:14 Uhr
Kreative ,Heißluft’ in GOHO

© Klaus Gruber

Herr Kloos, zum neunten Mal will „GOHO“ in Ateliers und Galerien locken. Ist das nicht langsam ein alter Hut?

Udo Kloos: Von einem alten Hut könnte man sprechen, wenn sich die Veranstaltung in 15 Jahren nicht verändert hätte. Die GOHO hatte als offene, unjurierte Ateliertage begonnen, zu der Künstler in ihre Werkstätten und Ateliers eingeladen hatten. Mittlerweile sind einige Galerien, Geschäfte und Cafés dazugekommen. Es gibt zudem Führungen und Feiern — dieses Jahr sind wieder über 100 Ausstellungsorte dabei, das Konzept funktioniert.

Welche Rolle spielt so eine Stadtteil-Kunstveranstaltung? Geht es um Vermittlung von Kunst, um das Gesellige oder verstärkt um den Kommerz?

Kloos: Ich kann nur für mich sprechen — mir geht es um den Dialog und das Gesellige. Die anderen Kategorien würden mich einschränken.

Vor zwei Wochen trafen sich Kunstinteressierte nebenan bei „Offen Auf AEG“ und bei der Design-Messe im ehemaligen Quelle-Versandhaus. Jetzt gibt es ein Wiedersehen bei GOHO in Gostenhof. Wird es nicht ein bisschen viel mit der Kunst im Nürnberger Westen?

Kloos: Dass die Kunst im Westen räumlich ihre Nischen gefunden hat, ist eng mit der Stadtentwicklung — besonders in den letzten zehn Jahren — verknüpft. Wenn man in Gostenhof wohnt und arbeitet, kann man behaupten, dass der Stempel Multikulti und Künstlerviertel etwas antrocknet. Westlich der Maximilianstraße ist der Leerstand und der damit verbundene Wunsch der Wiederbelebung massiv. Kreative, Kunst- und Kulturschaffende profitieren kurzfristig davon und sind dort so lange zu Gast, bis die Verwerter Auf AEG und Quelle rentablere und langfristigere Nutzungen gefunden haben. Was mich aber freut, ist, dass Kunst — eigentlich egal, wo — durch den großen, gemeinsamen Auftritt sichtbarer wird und damit bei einem breiteren Publikum an Bedeutung gewinnt. Auch die Politik hat die wirtschaftlichen Faktoren erkannt, die von der sogenannten Kreativ- und Kulturwirtschaft ausgehen.

Sie verwandeln Ihre Galerie Neoos diesmal in eine gastronomische Attraktion. Was steckt hinter dem „Café Heißluft“?

Kloos: In erster Linie stelle ich Isabelle Enders als Silberschmiedin aus. Und deswegen freue ich mich neben dem „Café Heißluft“ auf die verschiedenen Pfeffermühlen, von denen bereits einige in die Sammlung der Pinakothek der Moderne aufgenommen wurden. Das Café passt wunderbar in die Reihe der feinen Verwandlungen in der ehemaligen Fleischerei: ein überschaubares Angebot, dafür mit ausgewähltem Inhalt. Mehr verrate ich nicht.

Unabhängig von GOHO haben Sie Ihre Galerie schon als Tapasbar, Bierkneipe oder Eisdiele „bespielt“. Welche Leute haben Sie damit erreicht?

Kloos: Man meint, dass Bierspezialitäten natürlich ein anderes Publikum wie Tapas anziehen. Das war aber nicht so. Ich bin froh, dass ich es unabhängig von einer Zielgruppenausrichtung einfach machen kann. Zu den Verwandlungen treibt mich eigentlich immer die Neugierde, wie Veränderungen wahrgenommen werden. Bei Kunst- und Designausstellungen kommen, wie erwartet, die bekannten Nasen. Diesen Sommer habe ich aber oft vor allem Kindern erklären müssen, weswegen die Eisdiele nicht wieder da ist. Zur Eisdiele kam einfach jeder. Das hat mir gefallen. Die beiden Eisverkäufer hinter der Theke habe ich manchmal beneidet; denn so unmittelbar kassiere ich bei meiner Arbeit von den Kunden selten ein Lächeln.

Kamen auch türkische Familien und ältere Bewohner?

Kloos: Wie gesagt, die Eisdiele war sehr niederschwellig. Während des Ramadan kamen einige dann eben später. Die umliegende Nachbarschaft gehört zu den Besuchern. In den vergangenen fünf Jahren ist der Ort vielleicht gerade wegen der verschiedenen Nutzungen zu einer Adresse geworden, die kein eindeutiges Publikum anspricht.

Stichwort Gentrifizierung, wenn betuchte Schichten verstärkt in ein Viertel ziehen und es verändern. Spüren Sie diese Tendenz aktuell in Gostenhof?

Kloos: Einer Freundin ist eben wegen Eigenbedarf des neuen Eigentümers gekündigt worden. Bisher habe ich mich gegen den G-Begriff gestemmt, weil es derartige Tendenzen in mehreren stadtnahen Vierteln gibt. In Gostenhof ist abgesehen von der ökologischen Stadterneuerung lange wenig passiert und seit 2008 entwickelt sich, im Vergleich zu den Jahrzehnten davor, vieles. Ja, es verändert sich, aber eine allgemeine Tendenz zur Verdrängung von Schlechtergestellten sehe ich nicht, noch nicht.

Sie sind seit über fünf Jahren vielfältig in Gostenhof engagiert, wo Sie mit Ihrer Familie auch wohnen und arbeiten. Dazu gehört die Mitarbeit bei Festen, im Stadtteil-Arbeitskreis oder im Team des Stadtteilwegweisers inGoHo Guide. Wie wichtig ist Ihnen dieses Engagement?

Kloos: Rückblickend hat es sich einfach so ergeben. Ich bin angesprochen worden und habe andere angesprochen. Wichtig ist mir das Engagement, weil ich davon überzeugt bin, dass man sein Umfeld wie sein Leben selbst gestalten kann. Ich ermuntere jeden dazu, das zu tun. Im Dialog Gesicht zeigen. Oder: „hands on!“, wie ein befreundeter Künstler immer sagt.

Gibt es Projekte und Ideen, die schon auf Sie warten?

Kloos: Na klar. Vielleicht. Bestimmt. Oder, ich weiß es nicht. Sprechen wir in einem Jahr nochmals darüber!

Und zum Schluss: Wo sollte man bei der GOHO 2013 unbedingt vorbeischauen?

Kloos: Mein „Geheimtipp“ an die weniger Eingeweihten: durch das Viertel flanieren und unterwegs die Leute ansprechen. Daraus ergeben sich die besten Vorschläge und Gespräche.

Weitere Infos: www.goho-ateliertage.de — das Programmheft liegt vielfach aus, wie im Nachbarschaftshaus, Adam-Klein-Str. 6, oder in der Kulturinformation, Königstr. 93.

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