Roßtaler Kernmühle: Ein Hof im Wandel

28.9.2014, 13:00 Uhr

Getreidemahlen ist in der Kernmühle längst Vergangenheit. Müller wollte schon Martin Hornebers Vater nicht mehr sein. Als Sohn Martin 1985 mit seiner Frau den landwirtschaftlichen Betrieb übernahm, schwenkte das Paar vom konventionellen auf den Ökoanbau und die Direktvermarktung um. Doch als selbst die Stammkunden immer seltener kamen, sperrten sie 2008 den Hofladen nach 20 Jahren zu.

Parallel hatten sich die Workshops für gesunde Ernährung und Brotbackkurse der hauswirtschaftlichen Betriebsleiterin zu gut gebuchten Schulungen entwickelt, Gatte Martin, eigentlich Landwirtschaftsmeister, bildete sich zum Unternehmensberater und Coach weiter. Beides hätte extra Raum gut gebrauchen können. So wurde 2005 aus dem Hühnerstall ein Seminarraum mit Schulungsküche.

Jetzt ist aus dem landwirtschaftlichen Betrieb endgültig ein Dienstleister-Hof geworden. Von einst bis zu 1500 Hühnern, gackern nur noch einige wenige am Hof. Sie gehören nicht einmal den Hornebers, sondern einem Mieter in den Wohnungen des Hauptgebäudes der Kernmühle. „Der Markt hat sich verändert und unsere Interessen auch“, sagen Jutta und Martin Horneber rückblickend.

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Die am Wochenende eröffnete Event-Scheune bietet übers Seminarhaus, in dem etwa 60 Leute unterkommen, Platz für fast noch einmal so viele Besucher. Zielpublikum sind wie gehabt Firmen, die einen besonderen Raum suchen für Veranstaltungen, gleich ob Schulungen oder Betriebsfeiern, Produkte präsentieren oder Geschäftspartner verwöhnen möchten. Die Hornebers stellen die Örtlichkeit und organisieren Verpflegung und Programm. Besondere Aktionen für mehr Teamgeist wie Bogenschießen, Action-Painting, die Kräutertour oder die Fackelwanderung zum Erdkeller vermitteln die Hornebers mit Unterstützung ihres Marketing-Partners, Plan:Orange aus Roßtal.

Oase im Grünen

Platz für Aktivitäten im Freien bietet der zum Hausgarten umgestaltete Acker auf der dem Hof abgewandten Seite der Scheune. Rosen, Holunder oder Kornelkirsche, die noch angepflanzt werden, sollen einen geschützten, gemütlichen Bereich im Grünen schaffen. Das Lagerfeuer im großen Rund untermalt das Plätschern der Bibert.

Zur Kundschaft zählen Unternehmen wie Datev, adidas oder Siemens, doch nicht nur große Firmen, die ein entsprechendes Budget für die Mitarbeitermotivation vorhalten, mieten sich in der Kernmühle ein. „Wir hatten auch schon einen Friseur mit seinem Team zu Gast“, so Martin Horneber.

„Mit unserem Konzept bedienen wir eine Marktlücke“, meint Jutta Horneber. Die etwas abseitige Lage der Kernmühle, wertet sie „eher als Pluspunkt: Wir sind nah genug dran und doch weit genug weg von den Städten, damit Firmen ihren Leuten einmal etwas ganz anderes bieten können — raus aus dem Büro mitten in die Natur und unser rustikales Ambiente, das ist gefragt.“ Den Kommentar, „hier müssten wir Urlaub machen“, hören die Hornebers öfters.

Insoweit war es ihnen auch die Überlegungen wert, die Scheune zur Pension umzufunktionieren, als es an der Zeit war, etwas an der hochbetagten Immobilie, Baujahr 1849, zu machen. Doch der Ausbau des bisherigen Geschäftsfelds lag letztlich doch näher. Nach einem halben Jahr Planung und ebenso langer Bauzeit haben sie trotz erheblicher Eigenleistungen 180 000 Euro investiert. Holzbretter der Decke, Sandsteinwände und Gebälk sind gereinigt. In drei schmalen Bahnen ziehen sich Strahlungs-Heizkörper unter der Decke entlang.

Treppen verbinden die drei Ebenen im Raum. Eine große Theke ist eingebaut. Licht bringen die Glastore, die die Scheunentore ersetzen, ins Gebäude. Ein indirektes Beleuchtungssystem betont das rustikale Ambiente zwischen Sandstein und grobem Holz. Stillgelegtes Mühlenequipment wie Antriebsgestänge oder Holztrichter zum Abfüllen sind ins schlichte Mobilar der Holzbänke integriert.

Buchbar ist die Scheune von jedermann, doch die Hornebers setzen weniger auf private oder kulturelle Veranstaltungen. Hochzeiten oder Geburtstagsfeste ziehen sich oft bis in die frühen Morgenstunden. Ihren Mietern in den Wohnungen des einstigen Mühlengebäudes wollen sie das nicht zumuten. Und bestehenden Kulturräumen wie etwa der Spitzweedscheune Roßtals oder dem Bauhof in Cadolzburg wollen sie als Kulturmacher das Publikum auch nicht streitig machen. „Es sei denn, es drängt sich etwas auf“, wie Jutta Horneber meint.