So ist der FCN aufgestiegen: die Saison 1984/85

Revolte ins Club-Glück, oder: Der Angriff der jungen Wilden

21.4.2022, 16:38 Uhr

Geschafft: Rudi Stenzel, Günter Güttler, Thomas Brunner und Reiner Geyer (v. li.) nach dem 2:0 gegen Hessen Kassel. © imago images/Horstmüller, NN

Der Überraschungsfaktor

Dieter Eckstein? Reiner Geyer? Stefan Reuter? Hans-Jürgen Brunner? Kannten Anfang November 1984 jenseits des Sportparks Valznerweiher höchstens ein paar Freaks. Nach dem 9. Juni 1985 kannte man die jungen Wilden selbst in Kassel.

So lief die Saison

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Anfangs durchwachsen, danach mies, später grandios. Letzter nach dem dritten Spieltag, Sechster nach dem siebten Spieltag, Achter nach dem 13. Spieltag und einem trostlosen 1:1 gegen Oberhausen – wenig später machte es bumm (siehe unten). Achter nach der Hinrunde, Erster nach der Rückrunde. Mit überwiegend begeisterndem Offensivfußball.

Der Aufstiegsmacher

Es grenzte schon an ein Wunder, dass Heinz Höher nach dem krachenden Bundesliga-Abstieg 1984 überhaupt Club-Trainer bleiben durfte. "Ich will hier eine bodenständige, junge Mannschaft aufbauen", hatte der damalige Neuzugang vom VfL Bochum bei seinem Dienstantritt am 1. Januar 1984 erklärt, gut fünf Monate und nur fünf Rückrundenpunkte später schien er bereits zu resignieren: "In dieser Mannschaft stimmte nichts, sie war krank."

Also baute er sie in der Sommerpause um, 14 gingen, 13 kamen, Ende Oktober der nächste Schnitt. Vor dem Heimspiel gegen Wattenscheid am 10. November sagte er in der Kabine, der 1. FC Nürnberg stand davor auf Platz neun: "Ihr seid die beste Mannschaft der 2. Liga. Jetzt geht aufs Spielfeld und beweist das auch." Und sie bewiesen es. Bis sie auch in der Tabelle der 2. Liga die beste Mannschaft waren.

Das Geheimnis des Erfolgs

Seit dem 2:1 gegen Wattenscheid hatte Heinz Höher seine überwiegend jungen Burschen endgültig hinter sich. Sein Führungsstil: lieber ein Wort zu wenig. Sie glaubten an ihn, er glaubte an sie – bis diese Zeitung am 10. Juni 1985 titelte: "Fränkischer Fußball-Himmel voller Geigen".

Das Highlight der Saison

Eigentlich ein trauriges: Die Revolte gegen Heinz Höher Ende Oktober 1984. Der Trainer blieb, sechs Spieler flogen raus, ein paar Jugendliche und Amateure rückten auf. Und eroberten die Herzen der Fans im Sturm.

Der personifizierte Aufstiegsheld

Also gut: Herbert Heider. Warum? Siehe unten. In der drittletzten Minute des 38. und letzten Saisonspiels wäre beinahe fast alles vorbei gewesen für den 1. FC Nürnberg, wenn der schon in Wochen davor überragende Torwart nicht in letzter Sekunde dem allein auf ihn zurennenden Michael Deuerling noch den Ball vom Fuß geklaut hätte. Es blieb beim 1:0, wenig später folgte das 2:0. Nichts für schwache Nerven.

Es ist vollbracht

Die Tabellenkonstellation vor dem letzten Spieltag: 1. Kassel 49 Punkte, 2. Nürnberg 48 Punkte, 3. Hannover 48 Punkte, 4. Saarbrücken 47 Punkte. Die Tabellenkonstellation nach dem letzten Spieltag: 1. Nürnberg 50 Punkte, 2. Hannover 50 Punkte, 3. Saarbrücken 49 Punkte, 4. Kassel 49 Punkte. Kurios: Mit einem 1:1 wäre der Club nur Dritter geworden, punkt- und torgleich mit Saarbrücken.

Magischer Moment

Der letzte. Wie Thomas Brunner am 9. Juni 1985 gegen Hessen Kassel in der Nachspielzeit aus der eigenen Hälfte losstürmte, noch den Torwart aussteigen ließ und mit dem rechten Außenrist das 2:0 erzielte. Danach flippten die 60000 (!) Club-Fans endgültig aus.

Worte für die Ewigkeit

"Das war die Geburt einer neuen Mannschaft!" (Präsident Gerd Schmelzer am 2. November 1984 nach dem 1:2 in Aachen, dem ersten Spiel nach der so genannten Oktoberrevolution).

Und dann?

Ging’s wie geschmiert weiter. 7:3 Punkte aus den ersten fünf Bundesliga-Spielen, danach aber satte 1:19. Zehn Begegnungen ohne Sieg, darunter ein denkwürdig-unglückliches 1:2 in München am achten Spieltag, die über 30000 Club-Fans im Olympiastadion feierten ihre junge Mannschaft hinterher trotzdem fast eine halbe Stunde lang. Erst mit dem 3:2 gegen Düsseldorf Ende November gelang die Wende, Joachim Philipkowski erzielte in der 86. Minute den umjubelten Siegtreffer. Als neuntbeste Rückrundenmannschaft holte der Club noch stabile 17 Punkte, die insgesamt 29 reichten knapp zum Klassenverbleib.

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