Aus im Viertelfinale, aber Blüte im Vereinsleben

15.8.2017, 10:00 Uhr

Eigentlich wollte Shahid Satti gar nicht über ein Ausscheiden reden. Über das Ende der Saison, zum vierten Mal im sechsten Jahr Cricket mit Erlangen im Viertelfinale zur Deutschen Meisterschaft. Schon wieder, wie schon vor zwei Jahren, gegen Karlsruhe, das man doch noch in einem Testspiel besiegt hatte. "Jetzt sitzen wir hier unter den Bäumen zusammen", sagte Satti, der Mannschaftsführer des Erlangen Cricket Club, "und rätseln, woran es gelegen hat, dass die Saison doch schon für uns vorbei ist." Das sollte sie doch eigentlich erst Anfang September sein, mit einem letzten, ganz großen Finalspiel in Berlin. "Es war unser zweiter Traum", sagt Satti. Den ersten, immerhin, haben sie sich ja erfüllt: die Bayerische Meisterschaft.

Die war ja auch schon in weite Ferne gerückt, als gleich ein Haufen Spieler kurz vor Saisonstart mitteilten, beruflich wieder zurück in die Heimat zu müssen. Nach Indien, nach Pakistan – noch immer gibt es ja keinen einzigen deutschen Cricketspieler, obwohl sie so stolz wären, auch einen zu haben. Dann wäre dieser Cricketclub nicht mehr nur multikulturell, sondern auch integrativ. Noch so etwas, von dem sie also Träumen, wenn sie auf dem Bolzplatz unten am Wiesengrund ihre Fähnchen stecken, um das Feld aufzubauen.

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"Cricket war vor allem exotisch"

"Cricket war vor allem exotisch", sagt Satti, zwar bleiben schon immer viele Menschen stehen, wenn sie mit dem Rad oder mit einem Hund an der Leine zufällig vorbeikommen. "Aber wir haben gemerkt, dass Cricket in der Stadt angekommen ist." Das war auch ihre Rettung – die Abgänge konnten rasend schnell kompensiert werden, nicht zuletzt durch die Berichterstattung dieser Zeitung schnellte der Kader von 13 Spielern bis auf 27 nach oben. "Plötzlich hatten wir nicht mehr das Problem, zu wenig Spieler zu haben, sondern eigentlich zu viel." Freundschaftsspiele wurden vereinbart, Testspiele innerhalb des Vereins bestritten – etwas, was zuvor lange Zeit aufgrund von Personalmangel niemals erdenklich gewesen wäre. "Sogar Sponsoren haben sich gemeldet und gefragt, ob sie nicht helfen können", freut sich Satti. Jetzt überlegen sie sogar, eine zweite Mannschaft in den Spielbetrieb zu schicken, "denn", sagt der Kapitän, "es ist ja traurig, wenn man gern Cricket spielen möchte, aber kein Platz mehr ist".

Sechs, sieben Helfer

Alleine kann Shahid Satti, der auch Vorsitzender ist, die Organisation nicht mehr stemmen, er hat ja auch einen Job als IT-Fachmann und Familie. "Es verteilt sich jetzt auch sechs, sieben Personen, die helfen." Ein U17-Team gibt es, auch U19-Jugendliche. Sie lernen die Grundlagen des Sports, während die Mannschaft, die seit 2011 existiert, sehr ehrgeizig ist.

Acht von zehn Ligaspielen gewann sie heuer in der höchsten Spielklasse Bayerns, dabei war sie vergangene Saison beinahe noch abgestiegen. "Es macht mich schon stolz zu sehen, wie schnell wie wir uns weiterentwickelt haben", sagt Satti.

Lag früher die Stärke des Teams ausschließlich im Balling, also im Werfen des Balles, konnte durch Training und talentierte Neuzugänge auch das Batting, das Schlagen, und das Fielding, das Fangen und Einsammeln der Bälle aus dem Spielfeld, deutlich verbessert werden. "Wir haben einen großen Wert auf Fitness gelegt", sagt Satti, vor allem Udhay Kumar, Jugendvertreter im Sportbeirat und Physiotherapeut des Teams, hat sich hier eingebracht.

Über sieben Stunden Spielzeit

Ja, die Chancen standen wirklich so gut wie nie zuvor, sagt Shahid Satti, endlich um die Deutsche Meisterschaft zu spielen. Doch dann verloren sie zum vierten Mal das Viertelfinale, wieder gegen die Cricket Lions Karlsruhe, die gleich zu Beginn einen hohen Vorsprung erzielten, den Erlangen in über sieben Stunden Spielzeit nicht mehr aufholen konnte.

"Natürlich sind wir enttäuscht, aber wir sind auch stolz, dass wir eine starke Saison gespielt haben und sich unser Klub so großartig entwickelte", sagt Shahid Satti. Auch ist die Mannschaft eng aneinander gewachsen, Ingenieure spielen mit Flüchtlingen, Pakistanis mit Indern, Afghanen, Briten. Nun wollen sie einfach einen neuen Anlauf nehmen, so wie in den vergangenen Jahren schon.