Bewegtbilder von 88 statt WM: Oranje feiert sich selbst

21.6.2018, 18:15 Uhr

Schon die genauere Ortsbezeichnung ist ein großer Schwindel, irreführend. Angeblich liegt das kleine niederländische Städtchen Elburg am Meer, genauer am Veluwemeer, das sich nach kurzer Recherche aber nur als schmaler Seitenarm des Marker- und IJsselmeer entpuppt.

Den Elburgern aus der Provinz Gelderland ist das ziemlich egal, wie so vieles, was um sie herum passiert. Sie wissen ihr Leben selbst im WM-Sommer zu genießen. "Ze zijn er niet", sie sind ja nicht dabei. Schade eigentlich.

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Dass es in der wirklich schweren Qualifikationsgruppe mit Frankreich und Schweden diesmal nicht ganz gereicht hat für Oranje, nehmen vor allem die Elburger mit Humor, was soll’s. Wen kümmert schon das Turnier in Russland, wenn es doch ein Turnier in Deutschland gab, vor 30 Jahren. "Und das", sagt Kenneth Moes, "haben wir ja bekanntlich gewonnen."

Fahnenmeer ohne WM

Also "hebben ze iets briljants bedacht", sich etwas Brillantes ausgedacht in Elburg, wie auch die berühmte Zeitung De Telegraaf schwärmt. Warum sich mit der Gegenwart quälen, wenn die Vergangenheit doch viel schöner war. Kenneth Moes überlegte kurz – und bestimmte die EM 1988 zum Motto für den aktuellen Party-Marathon.

In der Fußgängerzone hängen jetzt holländische Fahnen und Girlanden und selbst einen Kreisverkehr haben sie in die Landesfarbe getaucht; Oranjecamping ("Wij zijn er bij!") auf einer Wiese kann auswärtige Fans beherbergen nach ihrem Rausch. Den es garantiert geben wird in Elburg.

Ein Dorf im Retro-Style

In einer Kneipe, berichtet Deutschlandfunk Kultur, liegt seit kurzem sogar echter Rollrasen, das Fußballerlebnis soll sich ja möglichst echt anfühlen. Und so schauen sie sich in Elburg Abend für Abend noch mal die fünf Auftritte ihrer Nationalmannschaft im Nachbarland an. Selbst das 0:1 zum Auftakt gegen die Sowjetunion sollen sie bis in die frühen Morgenstunden begossen haben, das 3:1 gegen England, das 1:0 gegen Irland, das legendäre 2:1 gegen Deutschland im Halbfinale sowieso. Ach ja, und dann wäre ja noch Marco van Bastens Jahrhunderttor im Endspiel gegen die UdSSR (2:0).

Für ihr EM-Revival haben sie sich extra orangefarbene T-Shirts mit der "88" bedruckt. "Wir gehen einfach zurück in der Zeit", sagt Organisator Kenneth Moes, "und werden sehr viel Bier trinken." Ein Grund zum Saufen findet sich offenbar immer. Auch ohne WM.