Club-Debakel in Heidenheim: Die Schlinge zieht sich zu

24.9.2014, 19:19 Uhr

Ist der Tiefpunkt erreicht? In Heidenheim kommt der 1. FC Nürnberg erneut unter die Räder. © dpa

Der Empfang kurz vor 17 Uhr geriet unterkühlt. Nur ganz wenige Fans des 1. FC Nürnberg begrüßten ihre Mannschaft in der Arena des 1. FC Heidenheim mit Beifall, die überwiegende Mehrheit schwieg. Zu sehr schmerzte noch die desolate Vorstellung drei Tage zuvor in Karlsruhe, wo sich der Bundesliga-Absteiger regelrecht auseinandernehmen ließ. Trotzdem fuhren wieder über 2000 mit ins fränkisch-württembergische Grenzgebiet, es ist ja nicht weit auf die schöne Ostalb.

Ungefähr eine halbe Stunde nach dem Anpfiff machten sich die ersten Gäste-Anhänger schon wieder auf den Heimweg und damit wirklich alles richtig; sie hatten genug gesehen, nach neun Minuten lag der Club nach unglaublich einfachen Treffern von Marc Schnatterer und Kevin Kraus mit 0:2 zurück, nach 90 Minuten hieß es sogar 0:3, weil Patrick Mayer noch ein Elfmeter-Geschenk von Raphael Schäfer dankend annahm (60.). Auch wenn es absonderlich klingen mag: So steht der Bundesliga-Absteiger tatsächlich vor dem Sturz in die Drittklassigkeit. Ob ein Trainerwechsel etwas bringen könnte, ist aufgrund der fehlenden Qualität im Kader mehr als fraglich.

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Valerien Ismael hatte noch am Sonntag im Wildparkstadion angekündigt, genau hinzuschauen in der kurzen Spielvorbereitung. Der Trainer wollte seinen Kader nach einsatzfreudigem und vor allem charakterstarkem Personal scannen – und entdeckte für die Startelf unter anderem Niklas Stark, Robert Koch und, man höre und staune, Manuel Bihr; der junge Mann, ausgebildet in der Jugendabteilung des VfB Stuttgart, zählte schon in der vergangenen Saison ein paar Mal zum Aufgebot, auf seine Premiere im Profi-Fußball musste der Verteidiger aber warten.

Bis Mittwoch. Weichen mussten Javier Pinola, Cristian Ramirez und der wieder angeschlagene Timo Gebhart; auf der Bank saß erstmals und früher als erwartet Sommer-Zugang Even Hovland, der sich in der Vorbereitung schwer verletzt hatte.

Auf dem Platz richten mussten es aber zunächst andere, wie gewohnt in Trikots – die bei einigen schon nach wenigen Minuten erkennbar durchgeschwitzt waren. Ob aus Angst vor dem nächsten Fehler oder wegen ihrer Laufbereitschaft, ließ sich zunächst nicht so genau sagen, auf jeden Fall fing der Club wieder katastrophal an. Bereits nach drei Minuten fiel das 0:1, nachdem sich Ondrej Petrak im Zentrum ganz billig wegblocken ließ und die Kollegen hinter ihm ebenfalls nicht aufpassten. Marc Schnatterer hatte wenig Mühe, die Führung für Heidenheim zu erzielen.

Nur sechs Minuten später dürfte auch Kevin Kraus erstaunt gewesen sein, wie wenig Widerstand die Nürnberger Abwehr leistete. Niklas Stark stand im Strafraum etwa zwei Meter weg vom Ex-Fürther, der Schnatterers Freistoß somit absolut unbedrängt ins Netz lenken konnte. 0:2 nach neun Minuten beim 1. FC Heidenheim – wer nach dem 0:3 in Karlsruhe gedacht hatte, der Tiefpunkt sei erreicht, der kennt den 1. FC Nürnberg im Frühherbst 2014 nicht besonders gut.

Die Fußballer wirken total verunsichert, sind mit und ohne Ball hilflos, deuten eine gemeinsame Spielidee nicht mal an. Die Angriffsbemühungen stellten Heidenheims kompakt stehenden Defensivblock vor keinerlei Schwierigkeiten. Symptomatisch für die Leistung der Gäste stand eine kurze Unterhaltung Mitte der ersten Halbzeit. “Not so easy, Scheiß Hacke“, schimpfte Robert Koch da mit Daniel Candeias – und hatte recht damit.

Wie Jakub Sylvestr die beste Möglichkeit vor der Pause verstolperte, als er plötzlich allein vor Heidenheims Schlussmann Jan Zimmermann auftauchte, sagte ebenfalls mehr über den Zustand der Nürnberger aus als zig Analysen; sie wollen, können aber nicht. Und leisteten sich auch in veränderter Besetzung haarsträubende Aussetzer. So hatte der Liga-Neuling auch dem Seitenwechsel wenig Probleme, den Vorsprung zu verwalten; ein strammer Schuss von Alessandro Schöpf strich knapp über den Querbalken, viel mehr war von dem selbst ernannten Aufstiegsfavoriten auch in der zweiten Halbzeit nicht zu sehen.

Stattdessen kam es noch schlimmer: Raphael Schäfer holte etwas unmotiviert Florian Niederlechner von den Beinen, den Strafstoß verwandelte Patrick Mayer sicher (60.). Der Rest (wie die Gelb-Rote Karte für Jan Polak) war aus Sicht der Nürnberger: irgendwie blamabel.

Mit der 3:0-Pleite in Heidenheim ist ein neuer Tiefpunkt erreicht, der 1. FC Nürnberg stürzt auf den Relegationsplatz ab.

1. FC Heidenheim: Zimmermann - Strauß (Malura, 62.), Göhlert, K. Kraus, Heise - Bagceci (Bagceci, 60.), Griesbeck, Titsch-Rivero, Schnatterer (Reinhardt, 78.) - Mayer, Niederlechner.

1. FC Nürnberg: Schäfer - Celustka, Petrak, Stark, Bihr - Mössmer, Polak - Koch (Mlapa, 54.), Schöpf, Candeias - Sylvestr (Füllkrug, 61.).

Tor: 1:0 (Schnatterer, 3.), 2:0 (Kraus, 9.), 3:0 (Foulelfmeter, Mayer, 60.) | Gelbe Karte: Petrak (43.), Stark (45.), Polak (51.), Schäfer (60.) Göhlert (81.), Mössmer (86.), Bihr (90.) | Gelb-Rote Karte: Polak (71.) | Schiedsrichter: Rohde (Rostock) | Zuschauer: 13.000.