Club: Gedanken an eine Reform der Reform

9.9.2014, 05:59 Uhr

Bilden die Doppelspitze beim 1. FC Nürnberg: Ralf Woy (l) und Martin Bader. © Wolfgang Zink

Weil so etwas Freude macht, tagt das Gremium oft - und gebiert, getrieben vermutlich von gutem Willen, so viele Ideen, dass es manchmal den Überblick verliert. Vor allem verliert es den Überblick über seine Zuständigkeiten, das ist eines der Probleme des Vereins, dessen Mitglieder sich immer wünschen, dass welterfahrene Menschen mit besten Verbindungen in Politik und Wirtschaft, im Idealfall noch versehen mit sportlicher Kompetenz, dem Club vorstehen.

Leute wie, zum Beispiel, Herbert Hainer. Darüber ist offenbar einst auch schon nachgedacht worden. Aber hätte der Vorstandsvorsitzende von adidas das getan? Eine kurze Rede vor der Mitgliederversammlung gehalten, sich einer Wahl gestellt - um dann durchzufallen? Hainer ließ sich vom FC Bayern München berufen, heute ist er dort kommissarischer Vorsitzender des Aufsichtsrats.

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Harald Leupold, Geschäftsführer der Hafen Nürnberg-Roth GmbH, oder Ulrich Gräber, Vorsitzender der Geschäftsführung von Areva in Erlangen, sind in Nürnberg einst durchgefallen - weil vorgeschlagen vom Vorstand. Mit Ausnahme des Nürnberger Oberbürgermeisters Ulrich Maly, an dessen kompetentem Einsatz für den Club es es keine Zweifel gibt, sitzt heute kein überregional bekannter Entscheidungsträger mehr im Gremium. Die besseren Chancen, gewählt zu werden, hatten wiederholt Kandidaten, die ankündigten, sie würden dem Vorstand richtig Druck machen, auf die Finger klopfen und in den Hintern treten - so und so ähnlich ist es formuliert worden, damit konnte man punkten.

Abstimmungsprobleme auf Führungsebene

Ein Ergebnis war: Der Aufsichtsrat wurde als eine Art Opposition zum Vorstand aufgefasst (und zum Teil als solche gewählt); es gibt Aufsichtsräte, die sich durchaus vornehmlich in dieser Rolle sehen - und sich deshalb berufen fühlen, zum Beispiel dem Trainer zwar nicht gerade die Mannschaftsaufstellung, aber ein Spielsystem vorzugeben.

Für einen Vorstand wie zum Beispiel Martin Bader, der gerne auf Konsens setzt und das Gremium auch in Fragen einbindet, für das es gar nicht zuständig ist, macht das die Arbeit schwerer. Und Abstimmungsprobleme auf Führungsebene rücken den ganzen Club in die Ecke der angeschlagenen Vereine, die nicht recht wissen, was sie wollen - dass das wiederum auf den Sportbetrieb abfärbt, versteht sich.

Die wenigsten Beobachter jedenfalls würden heute behaupten, die im Jahr 2010 beschlossene Satzungsreform habe sich bewährt. Man hatte sich das anders vorgestellt. Ein ehrenamtlich - von einem Präsidenten und von einem Schatzmeister - geführter Verein wollte mit der Zeit gehen und eine hauptberufliche Führung installieren: mit einem Sportvorstand, der, in der Rolle des ersten Geschäftsführers, quasi den Präsidenten ablöst (und derzeit Bader heißt) und einem Finanzvorstand (derzeit Ralf Woy) anstelle des Schatzmeisters.

Die gefühlte Opposition

Ein Aufsichtsrat, der das Ehrenamt vertritt - und dessen Vorsitzender damit, in der Rolle als Repräsentant des Vereins, ebenfalls eine Art Nachfolger des ehemaligen Präsidenten ist -, sollte die Interessen des eingetragenen Vereins vertreten, das heißt: aufpassen, dass die Vorstände ihrer Verantwortung gerecht werden. Und zwar, nur darum geht es im Kern: im Umgang mit dem Vereinsvermögen, die finanzielle Rahmenplanung gibt der Aufsichtsrat vor - und damit auch, welches Gehalt man einem Trainer bewilligen sollte. Nicht aber: welches Spielsystem zu favorisieren sei.

Dass eine - gefühlte - Opposition mehr will, ist nachvollziehbar, im Ergebnis allerdings bedeutet es, dass der Sinn der Satzungsreform - nämlich die Idee, das Tagesgeschäft in hauptberuflich tätige Hände zu legen - schon teils konterkariert ist. Es reden wieder viele mit und nicht selten fernab ihrer Zuständigkeiten, und weil es die etwas zufällige Konstellation so will, dass am 30. September gleich fünf der neun Posten im Gremium neu besetzt werden, könnte man den ganzen Verein auf den Kopf stellen. Gewählt wird: eine Mehrheit im Aufsichtsrat, vielleicht jedenfalls, und eine Mehrheit im Aufsichtsrat kann: alles - auch sofort einen neuen Vorstand installieren.

Die Frage, ob diese Struktur noch zeitgemäß ist, stellt offiziell (noch) keiner. Martin Bader äußert sich nicht zu derlei internen Belangen, das ihm vorgesetzte Gremium hat er zu akzeptieren und tut das auch - gelegentlich unter Schmerzen, wie man aber nur vermuten darf. Öffentliche Äußerungen gibt es auch aus dem Aufsichtsrat bisher nicht. Aber die Idee, den Profifußball - nach dem Vorbild der großen Mehrheit der Vereine - aus dem eingetragenen Verein in eine Kapitalgesellschaft auszugliedern, existiert natürlich, und die Zahl der Befürworter wächst.

Der Club könnte dann um Aufsichtsräte werben und geeignete Kandidaten berufen - dass die sich nur als stille Staffage des Vorstands verstehen würden, stünde dabei gewiss nicht zu erwarten. Entscheiden darüber kann nur die Mitgliederversammlung, die demnächst wieder Aufsichtsräte wählen muss, die sie im Grunde meistens nicht kennt - auf Grundlage einer Drei-Minuten-Rede. Es könnte eine der gegenwärtig wichtigsten Fragen sein, wie ein Stimmungsbild diesbezüglich aussieht.