Club-Neuzugang Bauer: Vom Familienalbum in die Startelf

6.7.2018, 05:55 Uhr

Schöne Disziplin für Sportvorstände von Fußballvereinen: Fotografiert werden, während man am eigenen Schreibtisch sitzt, neben einem ein Fußballspieler, beide lächeln, weil sie den Gedanken, dass der eine vielleicht ein Fehleinkauf ist und deshalb irgendwann auch der andere um seinen Job bangen muss, ganz weit beiseite schieben. Wahrscheinlich geht es ja auch gut.

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Der Sportvorstand Andreas Bornemann hat seit seinem Dienstantritt beim 1. FC Nürnberg schon für viele dieser Bilder Porträt gesessen, und weil da oft ein Fußballspieler neben ihm gesessen hat, der den Club ein bisschen besser gemacht hat, spielen Nürnberg und Bornemann jetzt bald wieder in der ersten Liga. Um dort bestehen zu können, braucht es: noch bessere Fußballspieler. Einen von ihnen sah man gestern auf einem dieser Sportvorstandsbilder.

Ein Olympionik für den Club

Es war Robert Bauer, geboren in Pforzheim, 23 Jahre jung, fußballerisch groß geworden beim Karlsruher SC, mit der ersten Liga vertraut gemacht worden beim FC Ingolstadt, nach seinem Silbermedaillengewinn bei den Olympischen Spielen in Rio zum SV Werder Bremen gewechselt und dort nicht mehr so recht zufrieden, seit Florian Kohfeldt als Trainer übernommen hat und auf Bauers Künste fast immer verzichten wollte.

Ein Jahr lang haben sie Bauer jetzt ausgeliehen, sollte er in dieser Zeit all das erfüllen, was sie sich von ihm erwarten, gibt es eine Kaufoption. Dass die einen Sinn macht, davon ist Bauer überzeugt. "Ich gehe davon aus, dass wir die Klasse halten und ich dann länger hier bleibe", sagte er gestern, als er gerade das erste Mal mit den neuen Kollegen trainiert hatte. Die, die ihn noch nicht kannten — mit Fabian Bredlow spielte Bauer bereits in der Nachwuchs-Nationalmannschaft zusammen — konnten da vielleicht schon erkennen, dass da jetzt einer neu am Valznerweiher ist, der "variabel einsetzbar" ist.

Ein vielseitiger Glücksfall?

Das sagt Bauer über sich selbst und er begründet das auch. In Bremen hat er linker Verteidiger gespielt und rechter Verteidiger, er hat im Zentrum ausgeholfen und glaubt man Michael Köllner, seinem neuen Trainer, dann ist er auch eine Option für das defensive Mittelfeld.

Sollte sich das alles als richtig erweisen, könnte Bauer ein Glücksfall werden für den Club, zumal man sich ja hier gerade erst von einem Rechts- (Miso Brecko) und einem Linksverteidiger (Laszlo Sepsi) getrennt hat. Zwar sind auf diesen Positionen mit Enrico Valentini (rechts) und Tim Leibold (links) die überzeugenden Stammspieler der letzten Saison geblieben, aber dass sie beim Club Leibold gerne auch im linken Mittelfeld einsetzen, ist kein Geheimnis.

Läuft alles normal, wird Bauer, dessen Eltern einst aus Kasachstan nach Deutschland kamen, seinen Platz finden. Er ist ja nun der erste Feldspieler von einiger Prominenz, den sie von einer Anstellung am Valznerweiher überzeugen konnten. Er passt sehr genau in das Format Spieler, das Bornemann und Köllner wiederholt als das erklärt haben, das sich der 1. FC Nürnberg leisten kann. Einer, der spätestens nach ein paar Wochen der Vorbereitung bei seinem alten Klub merkt, dass das wohl eher nichts wird mit einer Saison als Stammspieler.

Klare Perspektiven

Bei Bauer dürfte diese Erkenntnis allerdings schon etwas länger gereift sein. Der Dienstantritt von Florian Kohfeldt beim SV Werder bremste seinen wunderbaren Aufstieg, der im Aufstiegsjahr des FC Ingolstadt begonnen hatte. Bauer wurde dann Erstliga-Stammspieler in Ingolstadt. Er wechselte nach Bremen, obwohl auch Leipzig Interesse signalisierte und viel Geld bot. Er wurde in Bremen Stammspieler — und blieb das, bis Kohfeldt kam. Der hatte andere Vorstellungen von einem Rechtsverteidiger, also bat Bauer um einen Vereinswechsel.

Interesse zeigte Fortuna Düsseldorf, den Zuschlag bekam der Club. "Mir wurde hier eine klare Perspektive aufgezeigt", sagt Bauer über die Vertragsgespräche, die sie in der vergangenen Woche begonnen haben. Außerdem sprach für den 1. FC Nürnberg: "Ich bin nur zwei Stunden weg von meiner Familie."

Der Club bekommt einen Spieler, von dem Köllner sagt, dass er "gut in die Altersstruktur der Mannschaft" passt und dass er diese Mannschaft wieder ein bisschen variabler macht, was ja auch schon eine Kunst ist, weil man mit Eduard Löwen ja praktisch den variabelsten Spieler des Weltfußballs sein eigen nennt. Robert Bauer wird auch ihn besser kennen lernen in den nächsten Wochen und Monaten, in denen er sich bald für die Startelf qualifizieren will. Bis es so weit ist, kann er noch ein neues Bild für das Familienalbum nach Hause schicken — es zeigt ihn an der Seite eines sehr zufriedenen Sportvorstandes.