"Davon kann ich noch den Enkeln erzählen"

29.4.2012, 19:46 Uhr

Im Konfettiregen präsentierte sich Stephan Schröck mit seinem Kameraden ein letztes Mal am Zaun. © Daniel Karmann (dpa)

Elf Jahre lang hat Schröck das Trikot mit dem „Kleeblatt“ auf der Brust übergestreift, das letzte Heimspiel der Zweitligasaison war auch sein letztes in Fürth. Eine „neue Herausforderung" hatte ihn dazu bewogen, das Angebot seines bisherigen Arbeitgebers auszuschlagen und stattdessen bei der TSG Hoffenheim zu unterschreiben. Keine leichte Entscheidung für einen, den sie im Ronhof nach jedem Spiel auf dem Zaun als Einpeitscher huldigten und der im Laufe der Jahre vom schlampigen Genie zum Führungsspieler gereift war.

Den Lebemann seiner Anfangsjahre als Profi, der schon mal lieber in die Disco ging, als morgens mit vollem Elan zu trainieren, haben sie wohl deshalb so lieb gewonnen im Ronhof. Schröck ist „einer von uns“, genau dafür stand er in Fürth.

„,Schröcki‘ wird immer das Kleeblatt im Herzen tragen", sinnierte sein Trainer Mike Büskens derweil über nicht alltägliche Gepflogenheiten im Profifußball, in dem das gestrige Spiel mit dem Abpfiff einen jener Momente bereithalten sollte, die man gerne an einem kalten Weihnachtstag im Fotoalbum nachblättert und sofort jede einzelne Sekunde wieder nachempfinden kann. „Das kannste nicht bezahlen, so einen Moment“, philosophierte Schröck mit dem seligen Lächeln eines kleinen Buben: „Das kann ich meinen Enkeln noch erzählen. Ich bin wahnsinnig stolz, dass ich das erleben darf.“

Als geldgeilen Söldner hatten ihn einige im Internet beschimpft, nachdem er vor einigen Wochen seinen bevorstehenden Abschied bekannt gegeben hatte. Er sei einer dieser Profis, die an einem Tag nach einem Torjubel das Vereinsemblem abküssen, am anderen Tag aber jegliche Verbundenheit vermissen lassen, wenn ein anderer Klub den Geldbeutel weit aufmacht. Schröck beantwortete derartige Unterstellungen auf seine Weise.

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Der 25-Jährige stellte sich in den Dienst der Mannschaft. Den stechenden Schmerz im Knie ignorierte Schröck geflissentlich, schluckte vor dem Anpfiff regelmäßig Schmerztabletten und schaffte es, trotz alldem zu den besten Fürthern zu gehören. „Ganz großen Respekt, er hat einen tollen Job gemacht“, meinte denn auch Trainer Mike Büskens voller Anerkennung.

Spuren hat sein Abschied natürlich trotzdem hinterlassen. So unvoreingenommen, so herzlich wie zuvor, gingen die Fans zuletzt nicht mehr mit ihm um. „Ich hatte schon ein wenig Angst vor diesem Moment“, gab Schröck gestern nach dem Schlusspfiff zu. Seine große Klappe war immer sein Markenzeichen, manchmal auch seine mentale Ritterrüstung. Aber Schröck offenbarte nun eine nicht bekannte Angriffsfläche. Auch ein Everbodys Darling ist verletzlich. Diese Minute vor dem Spiel, als ihn Präsident Helmut Hack und Manager Rachid Azzouzi offiziell verabschiedeten, durfte Schröck aber als eine Art Versöhnung ansehen: Kein einziger Pfiff war zu hören, dafür satter Applaus.

Das machte „Schröcki“ den Abschied wesentlich leichter. Die Anspannung fiel ab, ein breites Lächeln kehrte zurück und etwas später nach dem Abpfiff auch der Party-Hengst, das Feierbiest der Fürther: „Ich hab mir vor ein paar Jahren mal eine Zigarre extra gekauft für so einen Zweck, die werde ich heute mal genießen.“ Einen wie „Schröcki“ wird man in Fürth nicht vergessen.