Der Köllner-Club möchte die Euphoriebremse lösen

17.8.2017, 16:01 Uhr

Am Montagabend, nach dem mühsamen 2:1-Pokalerfolg in Duisburg, wollte es Michael Köllner wissen. Während der Pressekonferenz ging er etwas überraschend auch auf den Spieltermin ein, der viele Menschen davon abgehalten habe, ins Stadion zu kommen.

Dass dennoch über 1000 Club-Fans die Strapazen auf sich genommen hatten und ihre Mannschaft lautstark unterstützten, schien Köllner schon imponiert zu haben. Was an einem Samstag- oder Sonntagnachmittag im Wedau-Stadion los gewesen wäre, stellte er sich zumindest mal kurz vor. Mindestens 5000 Anhänger hätte der 1. FC Nürnberg da mitgebracht in den Ruhrpott, meinte Köllner, wahrscheinlich eher mehr.

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Nur 28.000? Immerhin?

Möglicherweise hat er aber auch einfach nur mal wieder etwas übertrieben, der Trainer, der sich am Mittwoch natürlich die U19 anschaute (2:3 gegen den SC Freiburg) und später zu einer wichtigen Verabredung musste. Ein Gespräch stand an mit einem Professor, im Rahmen einer internen Fortbildungsmaßnahme. Zentrales Thema: Kompetenzentwicklung.

An fehlender Kompetenz sollte es nicht scheitern beim 1. FC Nürnberg - der gerade erst wieder dabei ist, verloren gegangene Sympathien zurückzugewinnen. In Zahlen lässt sich das unter anderem wie folgt ausdrücken: Zum Topspiel gegen den 1. FC Union Berlin erwartet der Club am Sonntag (13.30 Uhr) etwa 28.000 Zuschauer.

Nur 28.000 - die Südkurve wird für Heimfans daher wohl geschlossen bleiben - oder immerhin 28.000, wenn der Erste auf den Zweiten der Zweiten Liga trifft, so lautete am Mittwoch die Frage, auf die selbst Michael Köllner keine allgemeingültige Antwort wusste. Eigentlich träumen sie davon, mal wieder die 40.000er-Marke zumindest zu streifen. Mitten in den Sommerferien war allerdings auch in den vergangenen Jahren stets etwas weniger los, außerdem ist der Sonntag traditionell der Tag des Amateurfußballs.

"Es hat sich etwas getan"

Gleichwohl spürt Köllner so etwas wie Euphorie. Spürt, dass der 1. FC Nürnberg wieder anders wahrgenommen wird. Im Vergleich zum April oder Mai "hat sich etwas getan", sagt Köllner, "wenn man irgendwo hingeht, wird unser Start schon positiv bewertet". Auch die Gesprächsanfragen häufen sich, selbst überregionale Zeitungen interessieren sich plötzlich wieder mehr für den Club. Am Donnerstag zum Beispiel erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein großes Interview mit dem Nürnberger Trainer, der nicht ohne Stolz von seinen prestigeträchtigen Medien-Terminen erzählt – und ja auch einiges zu erzählen hat.

Fuchs macht große Forschritte

Die ersten drei Pflichtspiele der neuen Saison hat er gewonnen und zuvor alle sieben Vorbereitungsspiele, der Tabellenführer der Zweiten Liga ist Mitte August eher Nürnberg-untypisch sogar noch im DFB-Pokal vertreten. Und das mit einer jungen Mannschaft, die ständig irgendwelche neue Namen und neue Gesichter hervorbringt. Am Montagabend debütierte in der Schlussphase mit Alexander Fuchs das nächste Talent, dem sie einiges zutrauen. Der 20-Jährige kam im Sommer von 1860 München II aus der Regionalliga Bayern und hat sich überraschend flott akklimatisiert beim Zweitligisten. "Der Junge", sagt Köllner, "ist nah dran an der Startformation, er hat es sich verdient."

Das Heilfleisch eines Löwen

Verdient hat sich der ganze Club auch neue Sympathien, obwohl sich der Verein nicht beklagen kann. Selbst in der wenig berauschenden Vorsaison lag der Zuschauerschnitt bei über 28 600, Union Berlin wollten Ende September knapp 24 500 sehen. Selbst anhaltender Erfolg ist eben nicht gleich Euphorie, in Nürnberg wissen sie das. Aber es kann natürlich auch ganz schnell gehen.

Immerhin kann Köllner, falls alle gesund bleiben, am Sonntag seine beste Elf aufstellen, auch Eduard Löwen ("hat gutes Heilfleisch") und Kevin Möhwald ("ist sicher dabei") werden ihre Wehwehchen bis dahin auskuriert haben. Mehr und vor allem bessere Werbung für den Hit gegen Union Berlin ist eigentlich gar nicht möglich.