Die Teilzeit-Studentin hofft auf einen Podiumsplatz

25.7.2012, 07:00 Uhr

"Wir hatten während der Saison immer Montag bis Mittwoch Kurzlehrgänge mit der Nationalmannschaft in Hamburg, durften zum Glück jedoch fliegen. Aber das ist ein Aufwand, den man vor Olympischen Spielen leisten kann, der uns als Mannschaft auch gutgetan und vorangebracht hat“, erzählt die 26-jährige Hockeyspielerin.

Und dieses Mal hat sich der Aufwand für Hasselmann auch wirklich gelohnt, war sie doch mit dabei, als die deutschen Hockey-Frauen am vergangenen Sonntag nach London abflogen. Vor vier Jahren war das noch anders gewesen: Da hatte sie bis zum letzten Moment noch gehofft, mit nach Peking zu dürfen, war aber im letzten Moment gestrichen worden, als aus dem vorläufigen der endgültige Kader wurde. Von daher konnte sie es Hannah Krüger, ihrer ebenfalls aus der Noris stammenden Teamkollegin beim Münchner SC, nachfühlen, als dieser vor London das gleiche Schicksal widerfuhr.

Trost für die gestrichene Klubkollegin Hannah Krüger

"Ich konnte Hannah Krüger ein bisschen trösten, hatte viel Kontakt mit ihr. Sie hat auch noch ein sehr gutes Umfeld neben dem Hockey und durch die Familie und ihren Freund Trost gefunden. Es dauert schon ein bisschen, bis man das verarbeitet, aber sie hat mit mir normal weitertrainiert und mich da unterstützt“, erzählt Hasselmann vom kollegialen Miteinander in der Schlussphase der Olympia-Vorbereitung, wenn sie nach dem Ende der Bundesligasaison allein in München trainierte.

Wie schon vor Peking 2008 trat die Studentin des Bauingenieurswesens (siebtes Semester) im Studium kürzer, um sich intensiv auf das sportliche Highlight vorzubereiten. „Den Bachelor habe ich fertig, bin jetzt gerade im Master-Studium und studiere auf Teilzeit. Ich habe statt drei Semester fünf Semester Zeit“, erzählt Hasselmann, deren Familie in Nürnberg ein Baugeschäft betreibt. Die Perspektive, "später wieder nach Nürnberg zu kommen und dort zu arbeiten“, habe neben Interesse und Spaß am Thema bei der Wahl ihres Studienfachs durchaus eine Rolle gespielt, räumt sie ein.

Dass sie sich dabei für eine Männerdomäne entschied, habe sie keineswegs nur billigend in Kauf genommen, ganz im Gegenteil, wie sie mit einem leichten Grinsen um die Lippen erzählt: „Für mich ist es ein guter Ausgleich, wenn ich die ganze Zeit mit den Mädels unterwegs bin. Da ist es ganz angenehm, mal wieder ins Studium zurückzukommen und da seine Jungs zu haben.“

2005 kehrte Hasselmann (Spitzname: Fox, „wegen meiner roten Haare“) ihrer Geburtsstadt den Rücken, verließ ihren Stammverein NHTC und zog 150 Kilometer Richtung Süden und wechselte zum Münchner SC. „Das war aus sportlichen Gründen und wegen des Studiums. Mir war klar, wenn ich weiter Nationalmannschaft spielen will, war gefordert, dass man in der ersten Liga spielt, was beim NHTC nicht gegeben war. Für mich kam es auch nie in Frage, zur HGN zu gehen – das macht man nicht, dass man innerhalb einer Stadt wechselt.“

Bei den Partien während der Olympischen Spiele wird die Defensivspezialistin weniger im Rampenlicht stehen als ihre offensiven Mitspielerinnen, denen der Jubel bei Toren gilt. Was die Teamplayerin Nina Hasselmann nicht weiter anficht. „Wir sind ja diejenigen, die hinten aufräumen und zusehen müssen, die Null zu halten. Das ist eine genauso wichtige Aufgabe wie das, was die anderen vorne machen“, erklärt sie durchaus mit Vehemenz.

Kurz vor dem Abflug nach London waren die Spannung und die Vorfreude auf das olympische Dorf bereits gestiegen. „Das ganze Flair von Olympia mal mitzuerleben, mit so vielen Vertretern anderer Sportarten unter einem Dach zu wohnen und ihnen jeden Tag über den Weg zu laufen – da bin ich schon gespannt. Aber auch auf das gesamte deutsche Team, nicht nur die Hockeyspieler, ich bin gespannt, wie die Stimmung so wird“, blickte die 26-Jährige voraus.

Dabei ließ sie sich die gute Laune auch nicht dadurch verderben, dass ihr persönliches Idol, der Schweizer Tennisstar Roger Federer, nicht ebenfalls im olympischen Dorf logieren wird, sondern in einem separaten Hotel. „Aber vielleicht läuft man sich ja trotzdem mal über den Weg. Schade ist auch, dass Dirk Nowitzki nicht da sein wird“, bedauerte Hasselmann. Schließlich hatte sie ein erstes Highlight bereits Wochen vor Olympia erlebt: „Ich konnte eine Stunde lang zuschauen, als Usain Bolt in München trainierte – und ich durfte sogar ein Foto mit ihm machen! Aber jetzt würde ich ihn natürlich gerne auch mal live rennen sehen, denn das ist noch mal etwas anderes“, verriet die fränkische Olympiastarterin.

Mit dem deutschen Team gehört die Hockeyspielerin zu den Medaillenfavoriten in London. „Wir haben aber mit Argentinien, Neuseeland, Australien, Südafrika und den USA eine sehr schwierige Gruppe. Da muss man erst einmal bestehen, doch wenn man unter die ersten Zwei kommt, ist alles offen“, blickte die 99-malige Nationalspielerin (drei Tore) ihrer bislang größten sportlichen Herausforderung durchaus optimistisch entgegen. Die beginnt am Sonntagabend, 29. Juli, um 22.15 Uhr mit dem Spiel gegen die USA.

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