Yannik Kelm will Profi werden

Ein Club-Talent auf dem Weg nach Wimbledon

9.12.2021, 14:21 Uhr

Auf dem Weg nach oben: Yannik Kelm (links) und sein Trainer Daniel Uhlig. © Michael Matejka, NNZ

Die letzte Niederlage? Daniel Uhlig muss kurz nachdenken. Ja richtig, dürfte Ende Oktober gewesen sein, bei einem Tennis-Turnier in Kapstadt. Genauer gegen den Franzosen Jules Leroux. 3:6, 6:1, 6:10. Vielleicht lag’s daran, dass sein Trainer nicht dabei sein konnte.

National hat Yannik Kelm vom 1.FC Nürnberg hingegen kaum noch Gegner zu fürchten. In seiner Altersklasse ist er neuerdings sogar die Nummer eins. Bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Essen ließ er Ende November im Finale auch dem leicht favorisierten, weil an Eins gesetzten Patrick Schön aus Baden in zwei Sätzen nicht den Hauch einer Chance. 6:4, 6:2.

Der 16-Jährige aus Burgoberbach im Landkreis Ansbach eilt gerade von Sieg zu Sieg und scheint wirklich immer besser zu werden. Bei den Junior Davis Cup Finals in Antalya überzeugte er kürzlich mit fünf Siegen in seinen fünf Einzeln gegen Argentinien, Brasilien, Korea, Mexiko und Japan.

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Komplimente vom Bundestrainer

Auch Bundestrainer Philipp Petzschner schwärmt deshalb vom Mittelfranken, der in der nächsten Freiluft-Saison hierzulande wohl auch schon den einen oder anderen Einsatz beim Club in der zweiten Tennis-Liga bekommt. Früh übt sich, wer ein ganz Großer werden möchte.

Zwischen der U11 und der U16 ist Kelm bereits acht Mal bayerischer Meister geworden und drei Mal deutscher Vize-Meister. Nicht erst seit seinem Triumph im Finale von Essen zählt er im Deutschen Tennis-Bund (DTB) zu den Top-Talenten seines Jahrgangs. Behauptet jedenfalls der DTB. Sonst wäre Kelm wohl auch nicht im Nationalkader.

Yannik Kelm „ist so etwas wie das dark horse bei uns“, sagt Ex-Profi Petzschner in einem Video des Verbandes, „ich glaube, dass der Junge noch nicht 100-prozentig weiß, wie gut er eigentlich ist.“ Seine Stärken: „Er hat den Ball sehr, sehr gut im Schläger, ist auch körperlich gut dabei, kann auf alle Bälle eigentlich alles spielen.“ Seine Schwäche: der mitunter etwas fehlende Enthusiasmus auf dem Platz. „Aber vom Potenzial her“, sagt der Bundestrainer, „ist er sehr hoch einzuschätzen.“

Eigenes Betreuer-Team

Wie hoch, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen. Der immense Aufwand scheint sich schon jetzt allmählich zu rentieren; zwei Mal am Tag wird tennisspezifisch trainiert, manchmal auch samstags, nur sonntags ist frei. Kelm hat mittlerweile ein kleines Team um sich herum, darunter einen eigenen Fitnesscoach, mit dem er ebenfalls sehr regelmäßig arbeitet. So, wie man das eigentlich nur von Tennis-Profis kennt.

Macht Kelm so weiter, wird er einer. Seine Perspektive lässt sich dennoch nur schwer skizzieren. „Was er im Training teilweise spielt, ist Wahnsinn“, sagt Uhlig, der ihn jetzt seit ungefähr einem Jahr betreut und berät. Fordert und fördert. „Yannik“, sagt Uhlig, „kann noch explodieren.“

Sein eher kurzfristiges Ziel sind die vier Grand-Slam-Turniere der bis 18-Jährigen. Da möchte er eher früher als später dabei sein, die Qualifikation schaffen. Und danach selbstverständlich die Grand-Slam-Turniere im Seniorenbereich. Melbourne, Wimbledon, Paris, New York. Mit Daniel Uhlig auf der Tribüne in Flushing Meadow. Warum nicht? „Ich gebe mein Bestes“, sagt sein Trainer, der zwischen 2008 und 2016 ebenfalls professioneller Tennisspieler war.

"Kann jeden schlagen"

Danach widmete er sich der Aus- und Fortbildung. Mit Erfolg, wie das Beispiel Yannik Kelm zeigt. „Es harmoniert sehr gut zwischen uns“, sagt Uhlig, gleich im ersten Jahr ihrer Zusammenarbeit habe Konterspieler Kelm, dessen Rückhand bereits höchsten Ansprüchen genügt, „einen guten Fortschritt erzielt“. Was sich auch an den Ergebnissen in letzter Zeit ablesen lässt.

Enorm willensstark rang er einen nach dem anderen nieder; bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften gab er in seinen vier Matches nur einen Satz ab. In der aktuellen ITF-Weltrangliste ist er zwar nur auf Rang 416 notiert und damit drittbester Deutscher seines 2005er-Jahrgangs, wird im Januar aber einen großen Satz nach vorn machen, wenn alle 2003er gestrichen werden.

Kelm will es wissen, ohne dabei seine anderen Pflichten zu vernachlässigen. In Mannheim besucht er eine private Fernschule, hin und wieder gibt es auch Präsenztage. So wie am Freitag, als er vor Ort eine Schulaufgabe schreiben musste.

Sein Pensum ist wirklich enorm und nötigt auch Daniel Uhlig gehörigen Respekt ab. Erst recht, wenn er über seinen Ehrgeiz spricht, der ihn möglichst weit nach oben führen soll. „Yannik“, sagt sein Trainer und klingt fast ein bisschen euphorisch, „kann jeden schlagen“.