Erfolgreich in Tante Ullas Fußstapfen

12.6.2004, 00:00 Uhr

„Ich wurde in frühester Kindheit mit dem Schwimmen infiziert“, sagt Christian Brandner, „das lässt mich bis heute nicht mehr los.“ Seine Tante, Ulla Meindl, hatte ihn für diesen Sport begeistert. Als Deutsche Meisterin über 800 m Freistil war Meindl 1976 für die Olympischen Spiele in Montreal qualifiziert, musste wegen einer Erkrankung aber absagen. „Nachdem meine Tante nicht bei Olympia teilnehmen konnte, wollte ich selbst einen Schwimmer dorthin bringen.“

Mit der 16-jährigen Daniela Götz, der bekanntesten Athletin aus seiner Trainingsgruppe, ist es ihm geglückt: Die Gymnasiastin wurde von DSV-Teamchef Ralf Beckmann für den Vorlauf der 4x100-m-Freistil-Staffel nominiert. Mit Petra Dallmann, Britta Steffen und Sandra Völker schwimmt sie einen der beiden noch zu vergebenden Endlaufplätze aus; Franziska van Almsick und Antje Buschschulte sind gesetzt. Ein Finalplatz für Daniela Götz wäre der bisherige Höhepunkt von Brandners Karriere als Trainer — wenn er Olympia auch nur im Fernsehen sehen kann. Im Gegensatz zu Roland Böller, Coach der Olympia-Teilnehmerinnen Hannah Stockbauer und Teresa Rohmann, ist Brandner nicht im DSV-Trainerteam für Athen.

Am liebsten würde Christian Brandner, von Beruf Rechtsanwalt in Schwabach, zurzeit Vollzeit als Trainer arbeiten, „auch wenn ich mir nicht vorstellen könnte, mein Leben lang am Beckenrand zu stehen“. Nach der DM in Berlin wurde er gefragt, ob er als einer von vier Trainern mit zur Junioren-Europameisterschaft (JEM) im Juli nach Lissabon fliegen will, um dort unter anderem Pia Klante vom Trainingspartner 1. FC Nürnberg zu betreuen. Im vergangenen Jahr war Daniela Götz mit vier Goldmedaillen erfolgreichste Athletin bei der JEM in Glasgow — der Grund, warum Christian Brandner nun geehrt wurde.

Der 31-jährige gebürtige Schwabacher arbeitet wöchentlich rund 30 Stunden in der Kanzlei seiner Mutter mit den Schwerpunkten Wirtschafts- und Familienrecht. „Wie beim Sport ist auch im Beruf der Nervenkitzel dabei“, sagt er, „es geht ums Gewinnen.“ Aber nicht immer war Brandner der Sieger: Als er das erste Mal bei einer Vereinsmeisterschaft im direkten Vergleich mit Daniela Götz verlor, zog er die Konsequenzen, erzählt er mit einem Schmunzeln: „Ich habe gedacht, okay, es ist gut, ich schwimme keine Wettkämpfe mehr.“

Dafür feiert er nun als Trainer Erfolge. Den Teller, den er anlässlich der Ehrung zum „Trainer des Jahres“ überreicht bekam, will er aber nicht zu Hause aufhängen. „In meiner Wohnung hängen lauter Kinoplakate, die gefallen mir besser.“ Markus Kaiser