Erlanger Kletterer Megos will Olympia-Ticket lösen

9.8.2019, 17:04 Uhr

"Alle sind unter Hochspannung", berichtete Bundestrainer Urs Stöcker. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Stimmung bei den Kletterern in Bezug auf Olympia grundlegend gewandelt. Bei der Bekanntgabe des Wettkampfformats 2016 herrschte noch Ernüchterung, weil Medaillen nur in einem neu eingeführten Kombinations- Dreikampf aus den Disziplinen Lead- also Seilklettern, Bouldern in Absprunghöhe und Speedklettern vergeben werden. Weil die technisch besten Athleten mit Speedklettern – wo eher die Wand hochgesprungen als geklettert wird – kaum etwas anfangen konnten, überlegten Stars wie Megos oder der Tscheche Adam Ondra, ob sie überhaupt an den Sommerspielen teilnehmen wollen.

Ein Meilenstein

Sie entschieden sich dafür. "Mittlerweile haben sich alle gut mit Speed arrangiert", berichtete der WM-Dritte Jan Hojer, der neben Megos die besten deutschen Chancen auf eine Olympia-Teilnahme hat. Die Athleten hoffen, sich und ihren Sport auf eine neue Bekanntheitsebene hieven zu können. Die Aufbruchstimmung ist spürbar, die Franzosen wollen die Sportart für 2024 in Paris im Programm behalten. "Für die Entwicklung des Klettersports ist das ein wichtiger Meilenstein", findet Wolfgang Wabel vom Deutschen Alpenverein. Als die Olympia-Ambitionen konkret wurden, gab es Sorgen, der von Freigeistern geprägte Sport könnte vom gigantischen Olympia-Apparat zerdrückt werden.

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Solche Bedenken kannte man auch von Snowboardern. "Das Klettern ist mittlerweile urban geworden", sagte Bundestrainer Stöcker dazu jüngst der Süddeutschen Zeitung und zitierte Sir Chris Bonington, einen der größten Bergsteiger der Geschichte. Bergsport sei eine Kathedrale, unter der alles Platz hat. "Schade ist, dass es einige gibt, die andere in dieser Kathedrale nicht ganz akzeptieren. Das kann ich nicht verstehen", meinte der Schweizer.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz

Stöcker möchte Olympia als große Bühne doppelt nutzen: um den Wettkampfsport zu pushen, aber auch um die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz offensiv zu bewerben. Das Klettern als Wettkampfsport stecke immer noch in den Kinderschuhen, meint Stöcker. Professionelles Training gebe es erst seit gut sieben Jahren. In einem Interview mit kletterszene.com verglich er die Entwicklung des Wettkampfkletterns mit jener des 100-Meter-Sprint-Weltrekords, der aktuell bei 9,58 Sekunden liegt.

Auf die Frage, ob die Kletterer in dem Vergleich schon unter zehn Sekunden stünden, antwortete er: "Nein, auf gar keinen Fall. Wahrscheinlich so auf den mittleren Zehnerzeiten." Mit Tokio 2020 und Paris 2024 will sich die Sportart der 10,0 nähern, um im Bild zu bleiben. Alexander Megos und Co. hoffen dann auch auf persönliche Erfolge – damit sich die aktuellen Entbehrungen lohnen.