Handball: Jugendarbeit in Roßtal trägt Früchte

21.2.2018, 10:32 Uhr

Für das, was in Roßtal geleistet wird, ist Thomas Köhler ein Paradebeispiel. Seit zehn Jahren trainiert er den Nachwuchs, ist Kassier des Jugendvorstandes und dazu noch Spieler. In der Woche verbringt der 26-Jährige durchschnittlich fast 15 Stunden in der Halle. "Ich habe mit der E-Jugend begonnen, dann immer ältere Kinder trainiert und so gelernt, worauf es ankommt", sagt er. "Wir fördern die Kinder in vielerlei Hinsicht, auch die Schule ist uns wichtig."

Zwar könnten Stadtvereine grundsätzlich aus einem größeren Pool an Nachwuchsspielern schöpfen, so Köhler, "aber dafür ist bei uns die Verbundenheit mit dem Verein wesentlich stärker". Roßtal ist bei den Minis und der E-Jugend gut besetzt, in den höheren Altersklassen besteht mindestens eine männliche Jugend. Bei den Mädchen gibt es nur jeweils eine B- und A-Jugend, ab nächstem Jahr aber auch wieder eine D-Jugend.

Werbung
Werbung

"Bei den weiblichen Mannschaften sind wir leistungsmäßig etwas im Rückstand", weiß auch Abteilungsleiter Gernot Winkler. Der Verein hat 18 Übungsleiter, für deren Ausbildung er finanziell aufkommt. Winkler zufolge fließen zwei Drittel des Etats in die Jugendarbeit. Frischen Wind brachte vor drei Jahren die Installation von Ingo Gömmel als Jugendkoordinator. Das auch von ihm entworfene 20-seitige Jugendkonzept, nachzulesen auf der TVR-Website, hat die Weichen für die Zukunft gestellt. Gömmel: "Es ermöglicht uns auch, leistungsorientierten Jugendhandball zu bieten."

Der Spaß darf aber nicht zu kurz kommen. Seit drei Jahren brechen zwei vollgepackte Reisebusse zwischen Weihnachten und Silvester ins südschwedische Lund auf, um ein internationales Turnier zu besuchen. "Das schweißt zusammen", glaubt Köhler. Das Verhältnis unter den Teams sei extrem gut. "Alle beim TVR kennen sich."

In der Wohlfühl-Atmosphäre wachsen Hoffnungsträger heran. A-Lizenz-Inhaber Gömmel sieht aber ein großes Problem, das auch der benachbarte TSV Altenberg (wir berichteten) leidvoll kennt. Bundesligist Erlangen streckt bereits in der Jugend seine Fühler aus: "Wir haben vier, fünf richtig gute Talente, an denen sie schon dran sind." Der ehemalige DHB-Stützpunkt-Trainer würde eine Kooperation befürworten, weiß aber: "Dazu sind die großen Vereine kaum bereit, obwohl sie wissen, dass wir gute Arbeit leisten."

"Erlangen macht einen Fehler"

Fünf Talente wurden dem TVR mittlerweile abgeworben. Nicht nur für Roßtal ein Problem: "Meiner Meinung nach machen die Erlanger einen riesigen Fehler, weil sie so zu früh alles zusammenziehen. Wir bräuchten eigentlich mehr harte Spiele innerhalb von Mittelfranken, aber so sind sie im Radius von 100 Kilometern konkurrenzlos", spricht Gömmel in seiner früheren Funktion als Auswahltrainer. Manchmal werden dabei Grenzen überschritten: "Zwei Spieler wurden schon in der E-Jugend angesprochen, aber da wehre ich mich und rede mit den Eltern." Auch der TVR zieht Talente aus dem Umkreis an: aus Schwabach, Zirndorf oder Gunzenhausen. Laut Gömmel hat das einen einfachen Grund: "Wir liegen vom Konzept her genau zwischen Erlangen und den kleineren Vereinen."

Eine wichtige Rolle im Gesamtkonstrukt spielt die erste Männermannschaft. "Wir brauchen eine Spitze, um die Breite zu bekommen", beschreibt Gernot Winkler den Ansatz der Abteilungsleitung. "Die Männer sollen in der Landesliga mit möglichst vielen unserer Talente spielen, damit die Jugend die Perspektive hat, es dorthin zu schaffen."

Und wie sieht es aktuell aus? "Es sind drei, vier Talente da, die den Sprung zu den Männern schaffen können", ist sich Gömmel sicher. Zwei Ausnahmetalente aus dem 2005er-Jahrgang seien beispielsweise aber kaum zu halten. So ging es dem TVR mit Dominik Bühler, der mittlerweile in der 3. Liga in Coburg spielt. "Wir sind da wirklich stolz drauf. Das zeigt, dass unsere Kontakte Talente nach oben bringen", sagt Gömmel. Auch Winkler sieht den Wechsel als "Auszeichnung für unsere Jugendarbeit". Für die Kinder in Roßtal sei Bühler ein "echtes Vorbild", durch die mediale Aufmerksamkeit habe Roßtal auch nochmal "zwei, drei richtig gute Talente dazubekommen", verrät Gömmel. Der kleine Verein aus dem Landkreis ist ein echtes Sprungbrett – mit Wohlfühlfaktor.

Bayernliga, Frauen: ASV Dachau – HG Zirndorf 31:20, Tabellenplatz 5