Ice Tigers: Die sture Lust am Eishockey-Spektakel

29.10.2014, 05:58 Uhr

Den Anfang machte Alexander Oblinger, der den Puck ins Netz prügelte, allerdings ins eigene. Dann zählten die Linienrichter sechs Spieler im weißen Trikot, mit zwei Minuten wurde das bestraft und mit dem 0:2. Vor dem 0:3 wähnte Leo Pföderl noch einen besser postierten Mitspieler hinter sich, er hob also das Bein, um den Puck durchzulassen, hinter ihm stand aber ein Mannheimer. Ein ganz normales Tor fiel auch noch. Nach diesem 0:4 in Mannheim sagte Tray Tuomie, dass die andere Mannschaft einen Tick besser war. Er meinte aber, dass seine Mannschaft einen Tick schlechter war.

Die andere Mannschaft kommt schon am Donnerstag (19.30 Uhr) nach Nürnberg, weil am Freitag eine Mannschaft namens OneRepublic vorspielt, die derzeit mehr Zuschauer in die Arena lockt als die 107. Auflage jener Paarung, die mindestens 101 Mal in der Nürnberger Eishockey-Geschichte zu den Höhepunkten langer Spielzeiten gezählt hat. Tuomie nennt Nürnberg gegen Mannheim "ein echtes Derby", obwohl er natürlich weiß, dass sich das Spiel nach den strengen Derby-Richtlinien für diese Auszeichnung nicht qualifiziert. Bis auf die Distanz oder zumindest die Zugehörigkeit zum selben Bundesland stimmt alles: Fans, in Hassliebe vereint, eine reichhaltige Geschichte an unvergesslichen Szenen und historische Begegnungen, die nahezu allesamt einen Sieger hatten. So wie bei der 106., vergleichsweise unaufgeregten Auflage am 3. Oktober.

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Am Donnerstag haben die Ice Tigers wieder die Möglichkeit, alles besser zu machen, wobei allein die Vermeidung von Eigentoren, dummen Strafen und Steilpässen auf den Gegner bereits eine vernünftige Basis für einen Heimsieg böte. Nur war das für das Team von Tuomie bislang nicht so einfach. "Bei unserem System sind wir darauf angewiesen, dass jeder mitmacht", sagt der Cheftrainer. Wenn aber nur wenige ausscheren, dann ist ein 1:8 in Hamburg möglich und wenn alle mitmachen auch ein 9:1 gegen Ingolstadt. "Natürlich könnten wir umstellen, aber 1-4 oder 0-5, das sind nicht wir, das ist nicht Nürnberg", sagt Tuomie. Vier Verteidiger im Spiel gegen den Puck oder gar fünf, das will er sich nicht vorstellen — also müssen sich Joslin, Klubertanz, El-Sayed und Locke, erfahrene Neuzugänge, die es von ihren vorherigen Klubs nicht gewohnt sind, so aggressiv zu verteidigen, umstellen. "Das wird noch eine Zeit lang dauern", räumt Tuomie ein. "Aber wir sind auf einem guten Weg."

Zumindest haben die Ice Tigers diesen Weg beim 4:1 in Augsburg wieder eingeschlagen. Der Erfolg in diesem Beinahe-Derby reihte sich ein in die Liste beeindruckender Vorstellungen, bei denen die Nürnberger ihrem Gegner kaum Zeit zum Luftholen gewährten. Gegen Mannheim kann das sich natürlich wieder ganz anders darstellen. Auf der Suche nach ein wenig Konstanz sind die Ice Tigers im Herbst 2014 wie jene Pralinenschachtel auf dem Schoß von Forrest Gump – nicht einmal Tuomie selbst weiß, was er kriegt. Wobei, gutes Eishockey sollte ihm und den Zuschauern am Donnerstagabend geboten werden. Dafür sollte Mannheim schon sorgen.

"Die können was an der Scheibe", sagt Tuomie, "vor allem bringen die jede Scheibe vors Tor." Und zwar, das sollte man in diesem Text richtigstellen, vor das Tor des Gegners. Da warten sie dann, Christoph Ullmann, Jochen Hecht, Kai Hospelt, Ausnahmekönner in der DEL, und neuerdings Glen Metropolit (18 Punkte in 14 Partien), der noch einmal zwei Jahre älter ist als der in Augsburg ziemlich großartige Steven Reinprecht (19 in 15) und der mit dem Nürnberger aus Fairnessgründen eine Ü38-Division in der DEL bilden sollte.

Dann ist da noch der farbliche Reiz des Abends. Die Spieler tragen nur dieses eine Mal rote Trikots, die Fans sollen ebenfalls in Rot kommen. "Red Party. Mannheim", sagt Tuomie. "Da muss man niemanden motivieren."