Möhwald: Vom Klassenkasper zum Klassenprimus

12.1.2017, 07:40 Uhr

Sollte es bei Kevin Möhwald irgendwann mit dem Fußball nicht mehr so recht klappen, könnte der eloquente Thüringer wohl problemlos eine zweite Karriere als Fernsehmoderator anstreben. Nach der Langlaufeinheit am Dienstag schnappte sich Möhwald wieder einmal das Mikrofon und bat die durchgeschwitzten Kollegen für das vereinseigene Club-TV in bewährt flapsiger Manier zum Interview.

"Pommes" im Wasser: Klingt ekelhaft, ist aber lustig. © Sportfoto Zink / JüRa

Möhwald ist beim 1. FC Nürnberg mit seinem ansteckenden Lausbubencharme so etwas wie der Klassenkasper, den jede Fußballmannschaft auch braucht. Eben einer, der mal in Stresssituationen mit einem flotten Spruch die Stimmung auflockert, einen Streich ausheckt und auch über sich selbst ungeniert lachen kann. Tollpatschige Slapstickeinlagen wie vor einem Jahr, als sich "Pommes" im Trainingslager in der Türkei im Hotelpool einen denkwürdigen Kampf mit einem Schlauchboot lieferte, sind legendär.

Inzwischen ist Möhwald beim Club aber auch zu einem überdurchschnittlichen Fußballer gereift. Der kicker hat den 23-Jährigen in seiner aktuellen Rangliste der offensiven Mittelfeldspieler sogar zum Primus der zweiten Liga gekürt – Beleg für eine erstaunliche Entwicklung, die so zu Saisonbeginn nicht abzusehen war. Dabei hatte Möhwald in der Sommerpause fleißig an seiner Physis gearbeitet und war nach einer Ernährungsumstellung mit rund fünf Kilogramm weniger auf den Rippen deutlich drahtiger und athletischer dahergekommen.

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Die Chance kam gegen Bochum

Den erhofften Stammplatz konnte sich der Standardspezialist in seinem zweiten Jahr beim Club dennoch nicht zurückerobern. "Natürlich hatte ich mir deutlich mehr vorgenommen und war anfangs schon enttäuscht", gesteht Möhwald ein, "aber ich wusste, dass irgendwann die Chance kommt, wenn ich weitermache und mich im Training anbiete." Die Chance kam am fünften Spieltag beim VfL Bochum, und trotz einer denkwürdigen 4:5-Niederlage zählt der Spielmacher seitdem wieder zum Stammpersonal. "Ihm hat lange Zeit ein bisschen die Ernsthaftigkeit gefehlt“, sagt Trainer Alois Schwartz, der den jungen Möhwald bereits bei Rot-Weiß Erfurt unter seinen Fittichen hatte.

Möhwald selbst bestätigt diese Kritik, gerade was das mitunter zu sorglose Defensivverhalten betrifft. "René Weiler und Alois Schwartz haben mich dafür sensibilisiert, dass das im Fußball genauso wichtig ist." Möhwald spricht von einem "gewissen Reifeprozess", den er durchlaufen habe, "ich denke schon, dass ich erwachsener geworden bin".

Auch an seiner körperlichen Robustheit will der manchmal noch etwas wehleidig wirkende Techniker weiter arbeiten, "aber ein zweiter Dave Bulthuis wird aus mir sicher nicht mehr werden. Ich glaube, da würde man mich auch meiner Stärken berauben."

Ausbaufähige Abschschlussstärke

Seine Leistungen in der Vorrunde schätzt Möhwald realistisch ein. "Es gab sicher Ausreißer nach oben und unten, aber insgesamt habe ich schon eine gewisse Konstanz an den Tag gelegt und der Mannschaft helfen können. Aber ich will noch wichtiger werden." Gerade nach dem Verlust von Top-Torjäger Guido Burgstaller möchte der mit einem guten Schuss ausgestattete Rechtsfuß in der Offensive noch mehr Verantwortung übernehmen und "selbst öfter den Abschluss suchen, anstatt immer noch mal quer zu spielen".

Drei Treffer stehen in dieser Saison für Nürnbergs besten Vorbereiter (sieben Vorlagen in dieser Vorrunde, zehn in der Vorsaison) bislang zu Buche, "damit kann ich nicht zufrieden sein". Auch wenn Nürnbergs eh schon minimale Aufstiegschancen nach Burgstallers Abgang kaum noch existent sind, will Möhwald die Saison auf keinen Fall "einfach so austrudeln lassen. Wir haben trotzdem noch Qualität im Kader und alle Möglichkeiten, auch wenn das jetzt sicher eher Optimismus als Realismus ist."

"Irgendwann wird so ein Thema vielleicht kommen"

Dass man beim Club künftig wohl vermehrt auf die Jugend setzen muss, findet Möhwald durchaus "spannend", in Erfurt habe man damals aus finanziellen Gründen den gleichen Weg eingeschlagen. Wie lange der 23-Jährige diesen Weg selbst noch mitgehen wird, bleibt abzuwarten. Möhwalds Vertrag am Valznerweiher läuft nur noch bis 2018, nicht wenige sehen in ihm den nächsten potenziellen Wechselkandidaten, der dem Club so dringend benötigte Transfereinnahmen bescheren könnte.

"Irgendwann wird so ein Thema vielleicht kommen, aber über Eventualitäten mache ich mir keine Gedanken. Ich konzentriere mich jetzt nur auf meine Leistung und will da erst mal über einen längeren Zeitraum Konstanz reinbringen", sagt Möhwald, der sich nach eigener Aussage in Nürnberg "extrem wohl" fühlt, es sei "ein Umfeld, in dem ich mich gut entwickeln kann. Und ich denke, dass ich da noch längst nicht am Ende angelangt bin." Wie es scheint, muss die Reporterkarriere noch ein Weilchen warten.