Nürnbergs Rugby-Frauen: Mit Make-Up im "Männersport"

20.4.2018, 14:51 Uhr

Hart, aber fair: Die Rugby-Spielerinnen des TSV 1846 halten dem Gedränge und Vorurteilen locker stand. © Sportfoto Zink

Aus der Ferne sieht man vier Lichtkegel auf den Sportplatz scheinen, feine Atemwölkchen steigen von dort in den Himmel auf. Auf dem Platz in der Weißenseestraße im Nürnberger Stadtteil Erlenstegen liegt eine dünne Schneeschicht. Die Temperatur bewegt sich um den Gefrierpunkt. Die Frauen haben rote Backen, Schweiß rinnt unter den dicken Wollmützen hervor. Rugby ist eine Sportart, die im Freien gespielt wird – da ist es völlig unerheblich, was das Thermometer anzeigt. Die Sportlerinnen sind es gewohnt, hart zu trainieren. "Und jetzt gleich nochmal", ruft Trainer Andrew Beazly den 20 Frauen zu. Die machen kehrt, laufen abermals bis zum Ende des Trainingsfeldes und werfen sich dabei den eiförmigen Ball zu. Motzen oder Meckern ist von ihnen nicht zu hören.

Rugby ist eine Sportart, die man mit breitschultrigen, hochgewachsenen Männern verbindet, die in ihrer Freizeit gern raufen. Wer die Frauenmannschaft des TSV 1846 Nürnberg trainieren sieht, wird dieses Bild schnell los. Die Sportlerinnen sind zierlich, manche tragen Make-up. "Rugby ist hart, aber fair", stellt Anke Gülpers klar. Die 30-Jährige spielt seit einem Jahr beim TSV. Viele Trainingsmöglichkeiten gibt es in Mittelfranken für Frauen nicht. Genaugenommen gibt es nur den TSV als ambitionierten Verein, dessen größter Konkurrent aus München kommt.

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Mit Körperkontakt und Ehrgeiz

Das Frauenteam existiert als eigenständige Mannschaft seit rund sechs Jahren. Von anfänglich drei Mitgliedern wuchs es auf 40 Personen. Woher der Boom kam, kann sich beim Verein niemand so recht erklären. Über soziale Netzwerke haben Mitglieder Werbung gemacht – offensichtlich mit durchschlagendem Erfolg. "Unsere Damen sind sehr engagiert und ein tolles sportliches Team", sagt Martin Deinzer, Pressesprecher des Vereins. "Sie werden auch von der Männermannschaft akzeptiert und sind voll integriert."

Die Frauen beweisen, dass sie mithalten können. Sicherlich gibt es unter athletischen Gesichtspunkten Unterschiede. Aber: Die Frauen scheuen den Körperkontakt nicht. Sie fühlen sich in dem Männersport bestätigt und angespornt. "Eigentlich unterscheidet sich unser Training nicht von dem der Männer", sagt Trainer Beazly, der sich das Amt mit Alexander Michl und Edi Holos teilt. Manchmal trainieren Männer- und Frauenmannschaft sogar gemeinsam. Dann aber ohne Körperkontakt. "Rugby ist von den Bewegungsabläufen her immer gleich. Egal, ob man den Männern oder Frauen zusieht", sagt Anke Gülpers. "Das macht das Spiel so interessant für beide Geschlechter", ergänzt Martin Deinzer.

Unterstützung aus dem Publikum

Beim Rugby herrschen strikte Regeln, daher gebe es weniger Verletzungen, erklärt Gülpers. Sie hat vorher Fußball gespielt, stieg mit dem SV Weinberg in die zweite Bundesliga auf. Fußball war irgendwann nichts mehr für sie, und sie suchte sich ein neues Hobby. Sie ist ehrgeizig und möchte mit ihrem Team baldmöglichst wieder um die deutsche Meisterschaft spielen. "Momentan sind wir dafür noch zu unerfahren und zu jung. Wir müssen erst noch zusammenwachsen", meint Gülpers. Denn viele seien, wie sie selbst, erst im vergangenen Jahr zum Verein dazugestoßen und müssen daher noch Erfahrungen sammeln.

Die Frauen des TSV spielen aktuell in der Deutschen 7er Liga Süd. Zehn Mannschaften messen sich in diesem Feld. Nach vier Spielen steht Nürnberg aktuell auf Rang 5 im Mittelfeld. Tabellenführer ist Studentenstadt München. Zwischen Oktober und Mai müssen insgesamt sechs Spiele absolviert werden. Die erste Partie Ende Oktober gewann das Nürnberger Team gegen den FC Eintracht Bamberg 14:10, den Münchner RFC besiegte es gar 22:0. Dann hagelte es einige deutliche Niederlagen wie gegen den Würzburger RC mit 0:22.

7er Rugby wird, wie der Name verrät, nur mit sieben statt mit 15 Spielern gespielt. Ein Spiel dauert zweimal sieben Minuten, mit einer Minute Pause. Die zehn Teams der Liga messen sich am Samstag ab 10 Uhr am Waldsportplatz an der Weißenseestraße. Gegen 17 Uhr wird das Finale angepfiffen. Gülpers hofft auf Unterstützung aus dem Publikum, und auch Teamchefin Rebekka Jamal will "alles gewinnen, was es zu holen gibt". Die Voraussetzungen dafür sind auf jeden Fall gegeben.