Transferwahnsinn: Fifa- und Uefa-Chefs fordern Reform

20.9.2017, 17:08 Uhr

Infantino fordert nach der Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel an den gestiegenen Transfersummen im Fußball die Unterstützung der Politik für eine Reform. © Marius Becker/dpa

Nach der Kritik von Angela Merkel am Ablöse-Wahnsinn pochen die Spitzen des Weltfußballs auf die Unterstützung der Politik für eine Transfer-Reform. "Ich möchte ihr sagen, dass wir genau das Gleiche denken und etwas unternehmen werden", sagte FIFA-Präsident Infantino am Mittwoch in Genf der Deutschen Presse-Agentur und weiteren Nachrichtenagenturen in Richtung der Bundeskanzlerin. "Das Einzige, was ich von Frau Merkel und allen anderen Regierungschefs in Europa und weltweit erwarte, ist ihre Unterstützung, wenn wir neue Regeln einführen."

Zuvor hatte UEFA-Chef Aleksander Ceferin beim außerordentlichen Kongress der Europäischen Fußball-Union mit Bezug auf die Aussagen von Merkel bislang fehlende politische Hilfe bemängelt. "An alle europäischen Politiker: Wir könnten nicht mehr zustimmen", betonte der Slowene. "Aber ihr habt uns nicht sehr geholfen, die Dinge in Ordnung zu bringen."

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Gehaltsobergrenze und kleinere Kader im Gespräch

In diesem Sommer war unter anderem Brasiliens Superstar Neymar für die Rekordsumme von 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain gewechselt. Es gebe ein "ganzes Arsenal, um das Spiel besser zu regulieren", sagte UEFA-Chef Ceferin. Als mögliche Maßnahmen nannte er die Einführung einer Gehaltsobergrenze, eine Luxussteuer, kleinere Kader, eine Beschränkung von Kommissionen für Berater und eine Begrenzung von Ausleihen. Vieles davon wird durch europäisches Recht eingeschränkt oder verhindert. "Das Momentum ist da", sagte Ceferin. "Ich habe jede Intention es zu tun. Es ist mein Ziel."

Wenig später nannte auch Infantino im achten Stock des Fünf-Sterne-Kongresshotels mögliche konkrete Schritte. Der Chef des Weltverbandes sprach sich für weltweit zeitlich harmonisierte Transferfenster und gegen Wechsel während der laufenden Saison aus. "Wenn du einen Marathon läufst, nimmst du auch nicht nach zehn Kilometern ein Rad", sagte er. Es müsse eine internationale Einigung geben, wann Transfers möglich sind. "Ich sehe den Willen dazu in allen Bereichen, bei den Clubs, Spielern, Ligen, Verbänden und der Politik." Unabhängig davon kündigte Infantino an, dass erste Maßnahmen zum Wechselfenster im Sommer 2018 greifen sollen.

"Muss uns alle sehr besorgen"

Als Gast der mit 50 Minuten rekordverdächtig kurzen UEFA-Vollversammlung betonte auch der FIFA-Präsident, dass es Änderungen brauche. Die globalen Transferausgaben vom 1. Juni bis 1. September betrugen nach Erhebung des Weltverbands 3,93 Milliarden Euro – und damit fast so viel wie im kompletten Jahr 2016. Die Provisionen für Berater seien dabei deutlich angestiegen, erklärte Infantino. "Das muss uns alles sehr besorgen."

Merkel hatte sich jüngst kritisch über die in diesem Sommer drastisch angestiegenen Ablösen geäußert. "Solche Summen kann kein Mensch nachvollziehen. UEFA und FIFA sollten die Regeln für Spielertransfers noch einmal anpassen, um für größere sportliche Balance zu sorgen", sagte die CDU-Parteivorsitzende zuletzt der Mittelbayerischen Zeitung. Sie sehe die finanziellen Entwicklungen im Fußball "genauso kritisch wie viele".

Die weiteren Themen beim fünften UEFA-Kongress in nur zwei Jahren gerieten angesichts der Transfer-Debatte in den Hintergrund. WM-Gastgeber Russland erhielt dabei wieder einen Sitz im FIFA-Rat. Alexej Sorokin, Organisationschef der Weltmeisterschaft 2018, wurde per Akklamation als neues Mitglied für die Regierung des Weltverbands gewählt. Er war der einzige Kandidat für den Posten. Seine Amtszeit im FIFA-Rat, dem auch DFB-Präsident Reinhard Grindel angehört, läuft bis 2018. Im März hatte das Governance und Review Committee der FIFA dem russischen Multi-Funktionär Witali Mutko wegen eines befürchteten Interessenskonfliktes eine Bewerbung verwehrt.