Amateurfußball

Überraschendes Ergebnis beim Test der Neumarkter Stadt-Rivalen

1.7.2021, 18:06 Uhr

Natürlich ist die Atmosphäre auf dem Sportgelände „in der Au“ an diesem Mittwochabend eine ganz andere als beim bis dato letzten Aufeinandertreffen der Nachbarn Es standen sich im Oktober vor zwei Jahren vor einer Rekordkulisse von 1000 Zuschauern zum allerersten Mal zwei Stadtrivalen in einem Pflichtspiel auf Landesliga-Niveau gegenüber. Wie bei den Profis haben Kinder aus der Fußballjugend die Akteure aufs Feld begleitet, dann setzte sich der favorisierte ASV Neumarkt nach anfänglicher Nervosität mit 3:0 durch.


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Im Nachhinein kam der Partie noch größere Bedeutung zu. Schließlich ebnete sie dem ASV den Weg zur Herbstmeisterschaft, die sich im Verlauf der pandemiebedingt abgebrochenen Rückrunde zum vorentscheidenden Vorteil im Aufstiegsrennen entpuppen sollte. Während sich der ASV also inzwischen wieder Bayernligist nennen darf, der BSC Woffenbach eine Etage tiefer mit etwas Glück den Klassenverbleib sicherte, befinden sich beide Mannschaften erst seit wenigen Wochen zurück im Trainingsbetrieb – unter jeweils neuer Leitung.

Die Corona-Regeln verursachen in der Organisation derweil weiterhin mühsame Mehrarbeit, aber allmählich treten die sportlichen Routinen mit zugehörigen Emotionen in den Vordergrund. Dazu tragen bei der Derby-Neuauflage auch die gut 100 Gäste bei.

"Gegen den ASV als Nummer eins ist es immer besonders, da sind die Jungs nochmal motivierter als in den anderen Testspielen", streicht BSC-Trainer Daniel Wastl die Bedeutung des Kräftemessens hervor. Neben der Prestige-Frage interessiert den zuvor für die U19 zuständigen Übungsleiter-Nachfolger von Andreas Nigl vor allem die Tatsache, wie seine Schützlinge mit der Rolle des Außenseiters umgehen. Von den bisherigen drei Auftritten gegen unterklassige Teams konnten sie zwei gewinnen. Eingewöhnen musste sich Nigl jedenfalls nichts: "Ich kenne die Spieler ja teilweise schon ewig, deshalb ist es keine so große Umstellung."

Nun konzentrieren sich die Woffenbacher wie gewünscht von Beginn an auf eine möglichst kompakte Defensive und lauern auf Momente zum schnellen Umschalten. Dagegen laufen die ASV-Kicker zunächst mit einigen vielversprechenden Kombinationen an, vergeben jedoch durch Selim Mjaki auf Vorlage von der Grundlinie mit einem flachen Schuss freistehend aus zwölf Metern ihre beste Chance kläglich.

Kurz bevor sich die Drangphase inmitten eines heftigen Regenschauers verliert, herrscht die größte Aufregung an der Seitenlinie. ASV-Vertreter beklagen bereits den dritten vermeintlich falschen Abseitspfiff. Auf der anderen Seite gerät Daniel Wastl mit eingesprungener Jubel-Faust beinahe in Extase, als Jürgen Bayer den unverhofften Führungstreffer erzielt. Ein missratener Klärungsversuch des ASV beschert gar das 2:0, trotzdem steht Wastl voll unter Strom. "Du kannst doch nicht immer stehen bleiben. Alle mit zurück", brüllt er bei einem Ballverlust. Der lautstarken Ansage folgt ein Konter zum 3:0, was ASV-Torwart Nicolas Herzig fürchterlich ärgert. "Jetzt reicht es mal. Pässe über zwei Meter müssen kommen jetzt", zürnt Herzig.

Allein, auch im zweiten Durchgang ist kein Klassenunterschied erkennbar. Vielmehr spielt Woffenbach frech auf, nutzt den Gegenstoß nach einer Ecke zum 4:0 durch einen wunderschönen Schlenzer von Doppeltorschütze David Meyer. Im Kontrast zum Regenbogen am Himmel sitzen beim ASV Frust und Lethargie tief. Den personifizierten Schmerz gibt Verteidiger Lennart Trappe, der mit bandagiertem Knie und Verdacht auf eine Innenbandverletzung aus der Kabine humpelt. Entschlossene Gegenwehr leistet indes nur Coach Jürgen Schmid. Die von Woffenbacher Seite unterstellte Unfairness, trotz eines am Boden liegenden Akteurs weitergespielt zu haben, erwidert der Ex-Profi barsch. Zum Schluss beobachtet er das Geschehen wortlos, registriert den 1:4-Ehrentreffer von Christian Bulinger ohne Gefühlsregung.



"Klar angefressen", beschreibt Schmid seine Stimmungslage nach Abpfiff. Mangelnde offensive Impulse ließen sich zwar leicht durch die Ausfälle von Alexander Braun und Leon Gümpelein erklären. Allerdings könnten diese Umstände "keine Ausrede" sein, ebenso wenig die Erschöpfung nach einem freien Dienstagabend. "Wir waren in der ersten Hälfte viel in Ballbesitz und machen dann einfache Fehler. Die grundsätzliche Einstellung hat nicht gepasst. Das müssen wir analysieren." Die erste Niederlage im vierten Spiel zeige Parallelen zum unbefriedigenden Remis vor Wochenfrist gegen Bezirksligist Wendelstein. Schmid spricht vor dem Duell am Samstag (14 Uhr) gegen die U21 des Jahn Regensburg von "einem Warnschuss. Aber wir müssen uns deshalb nicht gleich gegenseitig zur Strafe abwatschen."

Den meisten Spott aus dem Publikum bekommt in der freundlichen Woffenbacher Abendsonne ohnehin die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ab.