Völlig verflixter Tag verhindert Aufstieg

31.7.2017, 12:00 Uhr

Irgendwann hielt es Bernd Kofler nicht mehr aus. Er packte seinen Rucksack und ging. Einfach so. Zog seine Schuhe aus, watete durch den Tennenbach. Doch nicht einmal das half an diesem verflixten Samstagnachmittag, an dem die Sonne so herrlich über Uttenreuth strahlte. Es hätte ein ganz besonderer Tag werden sollen – der wurde es am Ende auch, aber auf andere Weise. "Diese Saison", sagte Kofler am Tag danach, "wird immer mit diesem verflixten Tag verbunden bleiben." Immer.

Auch ohne den Mannschaftsführer, der kurz nach seinem Ausflug in den Bach wieder zurückkehrte, nahm dieses kuriose Tennisspiel weiter seinen Lauf: Uttenreuth hielt mit, Uttenreuth brachte die verlustpunktfreien Amberger an den Rand einer Niederlage – einzig der Match-Tiebreak blieb verhext. So sehr, dass man aufhören musste daran zu glauben, dass ein Match-Tiebreak Glückssache ist.

Werbung
Werbung

"Nein, nein", sagte auch Bernd Kofler, "das ist viel mehr." Selbstbewusstsein, Klasse brauche es, mentale Stärke natürlich. "Da war Amberg einfach eine Nummer besser."

Doch knapp blieb es deshalb trotzdem. So knapp, dass selbst Matthias Wunner später zugab: "Es war schon sehr extrem, ich habe es selber noch nie erlebt, dass man sechs Match-Tiebreaks verliert." Und das war es auch, was Kofler schier verzweifeln ließ: Uttenreuth verlor nicht einen, nicht zwei, sondern gleich zu Beginn drei hintereinander. Schlimmer kann ein so wichtiges Spiel wohl kaum beginnen. "Es hätte ja auch ganz anders verlaufen können", erinnerte Wunner.

Abgestiegen war man erst vergangene Saison aus der 2. Bundesliga. Aber anstatt Trübsal zu blasen, freute sich Bernd Kofler darauf, vielleicht wieder aufzusteigen. "Wir haben das nie als Ziel ausgegeben", sagte er, "aber wenn wir es schaffen können, dann wollen wir natürlich alles dafür tun."

Vor dem letzten Spieltag war der SCU nur zwei Pünktchen vom Spitzenreiter entfernt, besaß hauchdünn die bessere Matchstatistik und wusste zudem, dass Landshut, das im Fernduell an den Kontrahenten vorbeiziehen konnte, gar nicht aufsteigen wollte. "Wir hatten keine riesige Chance, aber eine Chance", sagt Kofler.

Deshalb versuchte er, am Mobiltelefon Matthias Wunner dazu zu bewegen, nach Uttenreuth zu kommen. Der befand sich in Nitzan in Israel, seit dem frühen Karriereende ist der 24- Jährige Teil des Trainerteams von Weltklasse-Spielerin Angelique Kerber. Vorher war er vor allem eine große Hoffnung: Deutscher Jugendmeister, Top 20 der Junioren weltweit, Junior-Wimbledon, Junior-US-Open, Junior-Australian-Open.

Dann geriet der Schritt zu den Herren schwierig, Verletzungen kamen hinzu. Der Weilersbacher ist in der Weltspitze zwar noch angekommen, aber abseits des Rampenlichts. Deshalb fliegt er aber trotzdem kreuz und quer durch die Welt, der Tenniszirkus ist sein zu Hause, seine sportliche Heimat der SC Uttenreuth geblieben. "Vor allem weil ich weiß, wie sehr der Verein das alles lebt", sagt er. Als Bernd Kofler anrief, hatte er längst auf eigene Faust einen Flug gebucht.

Die Verbundenheit reicht gar soweit, dass Wunner heuer fünf Mal in der 2. Mannschaft in der Bayernliga aufschlug – "schon ein Kuriosum bei seiner Vita", sagt Kofler. Nicht einmal die im Tennis übliche Antrittsgage wollte Wunner für die Partie gegen Amberg nehmen — Uttenreuth zurück in die 2. Liga zu bringen – das war ihm eine Herzensangelegenheit.

Doch dann wurde der große Tag vor sehr gut gefüllten Tribünen zu einem völlig verflixten Tag. So verflixt, dass Kofler irgendwann verschwand. "Das Problem war nur, ich konnte im Wald alles genauso hören: den Ball, das Klatschen, das Jubeln. Ich wusste genau, wie es steht." Und er ahnte, dass es nicht reichen würde.

Sieben Stunden später herrschte Gewissheit: 2:7 unterlag Uttenreuth, der Irrsinn war noch einmal größer geworden, drei weitere Match-Tiebreaks verloren gegangen. "Das tut schon sehr weh, wenn man so unglaublich knapp verliert", sagte Bernd Kofler geknickt. "Wir waren sehr enttäuscht", verriet Matthias Wunner, "weil wir wirklich alles dafür gegeben haben."

Dann aber, sagt Kofler, versuchten sie, die Traurigkeit einfach wegzuwischen von diesem Tag: Rang drei, so viele Zuschauer – "das ist doch auch was". Das, fanden die Spieler, müsste ausgiebig gefeiert werden. Oder vielleicht ging es auch nur darum, den verflixten Tag vergessen zu machen.