Wießmeier ist zurück beim Club

6.2.2014, 10:41 Uhr

Julian Wießmeier ist wieder da. Das ging so plötzlich, dass selbst die ein oder andere Mitarbeiterin des 1. FC Nürnberg überrascht ist, wenn sie ihm auf dem sehr großzügig angelegten Trainingsgelände am Valznerweiher begegnet. Eigentlich sollte Julian Wießmeier ja jetzt in Wiesbaden sein. Dorthin haben sie ihn zumindest im Sommer verliehen, Wießmeier sollte Spielpraxis sammeln in der 3. Liga. Bis 2015 war der Leihvertrag ausgehandelt, aber weil das mit der Spielpraxis nicht so recht klappen wollte, schien so ein Vertrag bis 2015 bald allen Beteiligten recht sinnlos.

Dreimal hat Wießmeier in der 3. Liga nur gespielt für den SV Wehen Wiesbaden, der von einem Hersteller für Wasserfilter subventioniert wird und es so einst sogar zu einem gemeinsamen Zweitligajahr mit dem 1. FCN gebracht hat. Jetzt sind sie in der 3. Liga auf der Suche nach Orientierung — weshalb Wießmeier gut zu ihnen hätte passen können. Es passte aber nicht, obwohl ja auch Wießmeier einer ist, der auf der Suche nach seinem Platz im Profifußball ist.

Jetzt ist er wieder beim Club, wo es zwar keinen Wasserfilterfabrikanten gibt, dafür aber Martin Bader, den Sportvorstand. Den hat Wießmeier im Winter angerufen und gefragt, ob er zurück darf nach Nürnberg. Wießmeier durfte, allerdings vorerst nur in die Regionalligamannschaft. Wießmeier muss jetzt in Nürnberg weiter das machen, was er jetzt schon seit einigen Jahren versucht: Er soll beweisen, dass aus ihm ein Bundesligaspieler werden kann.

Einstand nach Maß

Es ist noch gar nicht so lange her, da dachten viele, dass das ganz schnell gehen kann mit Wießmeier und der Bundesliga. 18 Jahre war Wießmeier jung, als ihn Dieter Hecking zum Profi machte. Am letzten Spieltag der für Nürnberger Verhältnisse sehr erfolgreichen Saison 2010/11 gab der Nürnberger Wießmeier sein Debüt für den Club. Dass ihm in der Partie bei Hannover 96 dann auch noch gleich sein erster Bundesligatreffer gelang — es gab schon schlechtere Einstände. „Da denkt man eigentlich gar nichts mehr“, sagte Julian Wießmeier damals, als er Einblick in seine Gefühlswelt nach dem Treffer geben sollte.

Das Denken haben dann die anderen übernommen: Ein Nürnberger spielt in der Bundesliga für den 1. FC Nürnberg — die Erwartungen waren nicht die kleinsten. Wießmeier hat die Erwartungen nicht enttäuscht, er hat danach noch des Öfteren für den Club in der Bundesliga gespielt. Nur ein richtiger Bundesligaspieler ist er in dieser Zeit nicht geworden, das hat Wießmeier selbst irgendwann gemerkt. Also hat er sich ein erstes Mal ausleihen lassen.

Werbung
Werbung

Ein Techniker mit Biss

Jahn Regensburg sollte er gemeinsam mit Wilson Kamavuaka helfen, den Klassenverbleib in der 2. Liga zu sichern. Und wer Wießmeier und Kamavuaka dann im Herbst 2012 in Regensburg besucht hat, der hat eine Ahnung davon bekommen können, warum das am Ende nicht geklappt hat.

Der Jahn spielte gegen den großen 1. FC Köln, er spielte vor allem mit dem großen 1. FC Köln: 2:0 stand es bis kurz vor Schluss, Wießmeier machte Eindruck mit seinem bissigen Spiel, mit seiner technischen Klasse. Am Ende hatten sie 2:3 verloren — so ging es ihnen oft in dieser Spielzeit und am Ende waren sie abgestiegen. „Wießmeier“, sagte sein Trainer Franz Smuda, als sie damals in der Winterpause den 1. FC Nürnberg in einem Testspiel mit 5:0 gedemütigt hatten, „muss noch lernen, wie Erwachsenenfußball funktioniert.“


In Regensburg hatten sie nach dem Abstieg keine Lust mehr, ihm das beizubringen. Also ging Wießmeier nach Wehen. Er ging voller Zuversicht — mitten hinein in ein Missverständnis. Beim Drittligisten hatten sie erwartet, dass da ein Spielmacher mit Bundesligaerfahrung kommt. Aber Wießmeier hat zwar Bundesligaerfahrung, nur ein Spielmacher im klassischen Sinn ist er eben nicht.

„Die wollten einen, der die Bälle auf die Stürmer durchsteckt“, sagt Wießmeier. Er war nicht das, was sie wollten. Deshalb ist er jetzt zurück nach einem sehr unbefriedigenden halben Jahr. Er wohnt wieder bei seinen Eltern — und er sagt, wenn man sich mit ihm im nicht ganz so großzügig angelegten Presseraum am Valznerweiher trifft: „Es hätte schon besser laufen können für mich.“

Wie schwierig es bei allem Talent ist, zum Bundesligaspieler zu werden, dass weiß Wießmeier jetzt. Er will sich jetzt anbieten, genau so sagt er es: „Ich will mich anbieten.“ Bei Gertjan Verbeek, dem neuen Trainer beim Club, von dem er weiß, dass er häufiger U23-Spiele beobachtet, mit dem er aber noch nicht gesprochen hat. Für ihn ist jetzt Roger Prinzen verantwortlich, der die Regionalligamannschaft trainiert.

Dass diese Mannschaft nicht die Bundesligamannschaft ist, sieht man auch daran, dass sie manchmal ganz weit hinten im Eck trainieren müssen am Valznerweiher. Ein weiter Weg ist das nach dem Training zurück zu den Kabinen. Manchmal kommen sie so vorbei an den übenden Profis. Dorthin will Wießmeier zurück. Es wird wahrscheinlich auch ein langer Weg.

Plattenhardt als Vorbild

Dass es noch klappen kann, sieht er am Linksverteidiger des Bundesligateams: Marvin Plattenhardt war einer von den jungen Spielern, über die Hecking einst sagte: „Von den Jungen ist Wießmeier am weitesten.“ Plattenhardt hat sich sehr lange gedulden müssen, ehe er Javier Pinola als Stammkraft ablöste, man hat irgendwann schon gar nicht mehr daran glauben wollen, dass das noch passiert. Jetzt ist er unumstritten auf seiner Position, Pinola spielt inzwischen Innenverteidiger.

Ja, sagt Wießmeier, die Sache mit Plattenhardt ist natürlich eine, die man sich zum Vorbild nehmen kann. Geduldig sein will er jetzt — und hoffen, dass irgendwann alles ganz plötzlich geht und Wießmeier wieder da ist: in der Bundesliga.