Zebras gezügelt: Würzburg siegt aufstiegsreif

20.5.2016, 21:05 Uhr

Die Vorzeichen standen nicht unbedingt gut für die Würzburger Kickers. Wo andernorts vor wichtigen Spielen eine ganze Stadt hinter ihrem Verein steht, stiftete in Würzburg der Oberbürgermeister höchstpersönlich Unruhe. "Ich weiß, Profifußball ist das Theater des kleinen Mannes", frotzelte Christian Schuchardt (CDU). Bei den Kickers, die sich derzeit anschicken, den direkten Durchmarsch von der vierten in die zweite Liga zu schaffen, sorgte diese Äußerung für Verwunderung, "das überrascht uns doch", sagte Vorstandschef Daniel Sauer.

Würzburg in Theaterlaune

Und doch hatten an diesem warmen Frühlingstag 9806 kleine Männer (und Frauen) Lust auf etwas Theater, die Zahl überrascht angesichts des rasanten Aufschwungs der Rothosen kaum. Vor zwei Jahren noch verirrten sich allerdings in der Regionalliga regelmäßig nur um die 800 Menschen auf dem charmanten Dallenberg, der mit seinen flachen Rängen und dem fehlenden Dach wie ein Relikt aus längst vergessener Zeit daherkommt. "Egal ob Liga 7, Liga 2, wir waren überall dabei" hatten die treuesten Fans auf ein großes Banner geschrieben, im gesamten Stadion wehten dazu rote und weiße Fahnen. Und dafür, dass all diese Menschen bald wieder in der zweiten Liga dabei sein können, taten die Kickers alles, ließen kaum Duisburger Chancen zu und zeigten sich zweimal eiskalt vor dem gegnerischen Tor. Am Ende hieß es 2:0.

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Auf die Mannschaft schien die Unruhe jedenfalls nicht abzufärben, vielmehr beflügelte die Atmosphäre die Mannschaft von Bernd Hollerbach. Die Kickers legten gut los, ein Klassenunterschied war nicht zu erkennen. Nach zehn Minuten zeigte die Defensive des MSV, warum die Zebras lange schon als sicherer Absteiger galten, ein Freistoß stiftete sichtlich Verwirrung im Strafraum - und Kingsley Onuegbu agierte reichlich ungeschickt. Sein viel zu hohes Bein erwischte den Würzburger Peter Kurzweg im Gesicht, Schiedsrichter Sascha Stegemann zeigte auf den Punkt. Den fälligen Elfmeter verwandelte Richard Weil sicher.

Als Theaterpublikum zeigten sich die Würzburger Fans anschließend nicht, lautstark peitschten sie ihre Mannschaft nach vorne. Die gab die Unterstützung zurück und kam durch einen Fernschuss des sehr umtriebigen Nejmeddin Daghfous (18.) und Joannis Karsanidis (22.), dem der Ball versprang, zu weiteren Chancen. Der MSV schien geschockt und fand kein Mittel gegen die sicher stehende Defensive der Kickers. Erst nach 33 Minuten zwang Stanislav Iljutchenko Würzburgs Torwart Robert Wulnikowski zu einer Parade, sieben Minuten später traf Kevin Wolze per Fernschuss nur den Außenpfosten. Daghfous probierte es für Würzburg nochmal aus der Ferne (42.), Duisburgs Iljutchenko verzog unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff nur knapp.

Nach 53 Minuten hatte Duisburgs Trainer Ilia Gruev genug, nahm den glücklosen und gelb-rot-gefährdeten Kingsley Onuegbu vom Platz und brachte in Kevin Scheidhauer einen frischen Stürmer. Doch gefährlich wurde kurz darauf nur Würzburgs Karsanidis, der nach einem Konter aber verzog – und danach ebenfalls ausgewechselt wurde. Für ihn kam Marco Haller, der nach 65 Minuten freistehend zu ungenau zielte und so die Vorentscheidung verpasste. Lautstarke "Kickers-Würzburg"-Gesänge hallten über den Dallenberg, selbst die Haupttribüne erhob sich kurzzeitig, um die Kickers anzutreiben. Das Spiel plätscherte nun vor sich hin, eine Flanke von Duisburgs Kevin Wolze brachte nur einen Hauch Torgefahr (78.).

"Macht sie alle, schießt sie vom Dalle"

Und die unermüdlichen Anfeuerungsrufe der Kickers-Fans wurden belohnt: Zwei Minuten später brachte Daghfous den Ball von rechts gefährlich vor das Duisburger Tor, der kurz zuvor eingewechselte Daniel Nagy brauchte nur noch den Fuß hinzuhalten: 2:0. "Macht sie alle, schießt sie vom Dalle" sangen die Fans nun, das ganze Stadion stand minutenlang und applaudierte seinen Kickers. Dieses Nervenspiel hatte sich zu einem ganz großen Fußballfest entwickelt. Ein Fest, das womöglich sogar den frotzelnden Bürgermeister überzeugt haben dürfte.