Zum Saisonfinale ein Ringer-Krimi ohne Happy End

11.12.2011, 17:04 Uhr

Als Marco Dürmeier den letzten, alles entscheidenden Kampf verloren hatte, jubelten die Gäste, als hätten sie schon die Meisterschaft errungen. Bernhard Rieger, der Cheftrainer der Johanniser, dagegen kauerte auf der Matte und schien am Boden zerstört.

Diese Reaktionen sind auch ein Beleg dafür, wie engagiert beide Seiten noch um den Sieg buhlten. Dabei waren die Fronten schon vorher geklärt – Luckenwalde war sicher Dritter, Johannis sicher Siebter und bereits aller Aufstiegssorgen ledig.

Aber die „Grizzlys“ gaben noch einmal alles. Fredrik Schön und Aleksander Maksimovic rangen im Ausland; auch Andras Horvath stand nicht im Aufgebot – er fieberte am Mattenrand mit, ebenso wie der Ex-Johanniser Lajos Virag oder Florian Dörfler, der in dieser Saison aus beruflichen Gründen fehlte. Dafür durfte Marco Greifelt wieder einmal in der ersten Mannschaft ran, und nur Stoyan Iliev war als EU-Ausländer aufgeboten, somit gingen sieben Johanniser unter 23 Jahren auf die Matte. Da auch Luckenwalde sechs „U 23“-Athleten aufbot (und den ein oder anderen Hochkaräter zu Hause gelassen hatte), entwickelte sich schnell ein prickelnder Kampf zwischen zwei nahezu gleichwertigen, hochmotivierten Staffeln.

Vor der Pause hatten Fabian Schmitt (denkbar knapp gegen Martin Lorenzen) sowie Fabian Appel (seine Dreierwertung gegen den 30 Kilo schwereren Nik Matuhin wurde von den Kameraden und den 482 Zuschauern wie ein Sieg bejubelt) und Philipp Vanek (gegen den WM-Medaillengewinner Mirko Englich) das Nachsehen. Dafür drehten Tim Schleicher (3:0 gegen Emanuel Krause) und Sven Dürmeier (4:0 gegen Christoph Bast) so sehr auf, dass sie ihren Kontrahenten keine einzige Wertung gestatteten – „Halbzeit“-Stand 9:11.

Pscherer und Iliev sorgten für die Führung

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Dann brachten Christoph Pscherer (punktgenau setzte er, obwohl durch eine Erkältung geschwächt) seine Wertungen zum 3:0 gegen Franco Büttner) und Iliev (3:2 über Philipp Herzog in einem tollen Fight) die SV sogar mit 12:11 und 15:13 in Führung: „Steht auf, wenn ihr Grizzlys seid!“, sang der Fanklub auf der Empore mehrfach.

Der Krimi wurde noch spannender: Matthias Baumeister führte gegen Damian Hartmann mit 2:0 Runden, doch trotz aller Anstrengungen gelang ihm der siegbringende Durchdreher nicht mehr (2:3) – das wäre vielleicht schon der Sieg gewesen! Greifelt rang taktisch clever und gab gegen Marc Wentzke nur ein 0:1 ab (ohne technische Wertung), so dass es vor dem letzten Duell zwischen Marco Dürmeier und Felix Menzel 17:17 stand.

Dürmeier lag in dem ebenfalls mitreißenden Finale mit 2:1 Runden vorne, er gab alles und hatte den Sieg fast schon vor Augen. Im vierten Durchgang lag mit 0:2 Punkten zurück. Anstatt die Runde abzugeben und in der dann folgenden fünften noch einmal voll anzugreifen, riskierte er alles und verlor alles – er wurde geschultert, und Johannis hatte die Überraschung um Haaresbreite verpasst.

„Der Kampf hat eine Eigendynamik entwickelt, wie ich es selten gesehen habe“, meinte Rieger später, als er wieder sprechen konnte: „So viel Adrenalin habe ich noch nie ausgeschüttet.“ Er gab zu: „Es ärgert mich, dass wir verloren haben.“ Und im Hinblick auf die finanziellen Zwänge des Klubs ergänzte er: „Wir hätten noch mehr Potenzial gehabt. Die Endrunde wäre möglich gewesen.“ In einem pflichtete er Abteilungsleiter Guido Fischer voll bei: „Unsere Jungs steigern sich immer noch.“

Vor dem Kampf hatte Stadträtin Gabriela Heinrich (SPD) die SV Johannis in Vertretung von Bürgermeister Horst Förther geehrt: „Ich danke den Aktiven und den Ehrenamtlichen für ihre super Leistung.“ 2006 und 2010 war Johannis 07 bereits Nürnbergs „Mannschaft des Jahres“, den Titel hätte sie erneut verdient...

Kampfverlauf, bis 55kg (gr.-rö.): Lorenzen (L) 3:2-PS (0:1, 5:0, 1:0, 0:2, 2:0) über Schmitt (J) – Stand 2:3; bis 120kg (Fr.): Matuhin (L) 4:0-TüPS (7:0, 7:1, 9:3) über Appel (J) – 2:7; bis 60kg (Fr.): Schleicher (J) 3:0-PS (1:0, 3:0, 5:0) über Krause (L) – 5:7; bis 96kg (gr.-rö.): Englich (L) 4:0-TüPS (6:0, 5:0, 10:0) über Vanek (J) – 5:11; bis 66kg A (gr.-rö.): S. Dürmeier (J) 4:0-TüPS (6:0, 4:0, 1:0) über Bast (L) – 9:11; bis 84kg B (Fr.): Pscherer (J) 3:0-PS (1:0, 1:0, 1:0) über Büttner (L) – 12:11; bis 66kg B (Fr): Iliev (J) 3:2-PS (0:1, 1:0, 0:2, 3:1, 4:2) über Herzog (L) – 15:13; bis 84kg A (gr.-rö.): Hartmann (L) 3:2-PS (0:2, 2:3, 1:0, 1:0, 1:0) über M. Baumeister (J) – 17:16; bis 74kg A (gr.-rö.): Wentzke (L) 1:0-PS (1:0, 1:0, 1:0) über Greifelt (J) – 17:17; bis 74kg B (Fr.): Menzel (L) 4:0-SS nach 7:55 Min. (0:1, 4:0, 1:3, 5:0) über M. Dürmeier (J) – Endstand 17:21 / Kampfrichter: Jähnichen (TSV Gelenau/Sachsen) / Zuschauer: 482.