Zurück in die Festung: Ice Tigers empfangen frustrierte Haie

23.3.2018, 18:25 Uhr

"Unsere Fans sind unvergleichlich, einfach einmalig." Brandon Segal kann selbst nicht ganz verstehen, warum es mit dem Heimerfolg gegen die Kölner Haie in den Playoffs noch nicht geklappt hat. © Sportfoto Zink / ThHa

Uwe Malz hatte Oliver Mebus zum Basketball geschickt. Heute gilt er als Deutschlands unterhaltsamster Eishockeytrainer. Damals aber fehlte es ihm an der Fantasie, um sich diesen 2,06 Meter langen Teenager als einen der besten Verteidiger des Landes vorzustellen. Und am Dienstagabend wünschte sich Felix Schütz, einer der neuen deutschen Eishockeyhelden, dass Mebus auf seinen ehemaligen Trainer gehörte hätte.


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In den Schlussminuten das vierten Viertelfinalspiels verfolgte Mebus den Kölner Sebastian Uvira so lange durchs Nürnberger Drittel, bis der ihm den Puck bereitwillig überlassen hatte. Mebus blockte den letzten Schuss. Und nach der Schlusssirene ließ er Schütz noch seinen Schläger im Lendenwirbelbereich spüren. Der Silbermedaillengewinner von Pyeongchang drehte sich um, sprang mit voller Kraft ab und verfehlte das Gesicht des Nürnberger Verteidigers doch ganz knapp. Da konnten selbst die Schiedsrichter nichts machen, Schütz hatte Mebus ja nicht einmal berührt.

Nach Tigers-Führung: Kölner zu harmlos

Der vorerst letzte Eindruck von den Kölner Haien war kein sehr souveräner – weder sportlich, den Gastgebern glückte nach dem Siegtreffer durch Leo Pföderl nur noch ein Schuss auf Torhüter Niklas Treutle, dabei hatte Pföderl bereits in der 52. Minuten zum 3:2 getroffen; noch charakterlich. Mebus hatte nicht nur Schütz geärgert, die Ice Tigers hatten die Haie entnervt.

Am Donnerstag aber wärmte der Kölner Express trotzdem wieder die Geschichte vom Mittelfinger auf, den ein Nürnberger angeblich den Heimfans nach dem ersten Nürnberger Sieg am Donnerstag gezeigt haben soll. Die Geschichte ist bekannt, ein Ordner hatte die jubelnde Ice-Tigers-Mannschaft aus der Tür purzeln lassen. Obwohl nicht klar ersichtlich ist, dass es sich tatsächlich um Fox handelte, wurde der Kanadier von der DEL trotzdem zu einer Geldstrafe verurteilt – wie viel Geld Fox bezahlen muss, wurde jedoch nicht veröffentlicht. Der Express machte den Stürmer trotzdem zum "Psycho Fox" – was zwar jeglicher Grundlage entbehrt, Eishockeyspieler, noch dazu in den Playoffs, aber sicherlich als Auszeichnung empfinden.

Segal: "Unsere Fans sind einmalig"

Wie das Momentum, jener vermeintliche aktuelle psychologische Vorteil, flippert auch der Frust in dieser Serie zwischen den beiden Mannschaften hin und her wie eine Flipperkugel. Am Sonntag noch hatte David Steckel das kleine bisschen Aufholjagd der Ice Tigers mit einem Frustfoul beendet. Zwei Tage später versuchte Schütz einen zwei Köpfe größeren Gegenspieler auszuknocken. Zwischen den Spielen aber geben sich alle Beteiligten so ausgeglichen, als hätten sie gerade zusammen ein Wochenendseminar über die Grundlagen des Zen-Buddhismus besucht.

Nur Brandon Segal erlaubte sich am Donnerstag nach dem Training einen kleinen Gefühlsausbruch. "Es schockiert mich ja selbst", stellte der Kanadier fest, "dass wir zu Hause noch nicht gewonnen haben. Unsere Fans sind unvergleichlich, einfach einmalig."

Nürnberger Arena wieder packevoll

Das wird an diesem Freitagabend in der erneut ausverkauften Arena Nürnberger Versicherung nicht anders sein. In Köln hätte man hingegen zuweilen meinen können, zufällig in ein langweiliges Senioren-Tennis-Match geraten zu sein, bei dem die Spieler jede Anfeuerung verboten hatten. "So eine großartige Atmosphäre kann uns definitiv nur helfen. Vielleicht waren es in den ersten Spielen die Nerven, ich will uns nicht entschuldigen", sagte Rob Wilson, der Trainer. "Aber wir müssen zu unserem Stil zu Hause zurückfinden. Es gibt schließlich einen Grund dafür, dass wir in den letzten beiden Spielzeiten die beste Heimmannschaft der Liga waren."

Mit 21 Heimsiegen/5 Heimniederlagen (20/6 im Jahr davor) führten die Ice Tigers zum zweiten Mal in Folge die Heimspieltabelle der DEL an. "Dahin müssen wir zurück. Wir müssen die Arena wieder zu einer Festung machen." Ein herausragender Mebus böte sich dafür an – nicht als Basketballer, sondern als Wache, an der man danach noch nicht einmal den angestauten Frust auslassen kann.