Zwei Jahre warten auf den ersten Punkt

24.5.2011, 15:38 Uhr

Sie könnten davon berichten, wie es zu den 14 Gegentreffern im Spiel gegen den TSV Burgfarrnbach kam. Oder von der haushohen Niederlage gegen den TSV Winkelhaid, vielleicht auch von dem 0:10 gegen den FV Dittenheim.

Tun sie aber nicht. Angesprochen auf ihr „bitterstes Saisonspiel“ erzählen die „U19“-Spielerinnen des FC Eschenau zunächst vom 2:2 gegen den SC Auerbach im April. 0:2 lagen sie zur Halbzeit hinten, dann gelang der Ausgleich, mit ein bisschen Glück hätten sie sogar noch gewinnen können.

Und während die Gegnerinnen dieses Unentschieden wohl ziemlich rasch abhakten, haben die Eschenauerinnen ihren ersten Punktgewinn der laufenden Bezirksligasaison gefeiert wie andere eine Meisterschaft.

Es kommt halt vieles auf den Blickwinkel an, aus dem man die Dinge betrachtet: 103 Gegentore in 14 Spielen, bei nur vier eigenen Treffern, wären wohl Grund genug, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Vergleicht man diese Statistik allerdings mit den 180 Gegentoren aus der vergangenen Saison – die einzigen beiden selbst erzielten Treffer waren Eigentore – hat sich die Situation seither doch schon deutlich verbessert.

„Ich sehe in erster Linie die sportliche Entwicklung, und die ist auf jeden Fall vorhanden“, sagt FCE-Trainer Markus Horlacher. Als der 47-Jährige die junge Mannschaft vor zwei Jahren übernahm, da musste er zunächst bei den Grundlagen beginnen, immerhin hatten die Wenigsten des neu gegründeten Teams bereits fußballerische Erfahrungen vorzuweisen. Es war schlichtweg ein Haufen junger Frauen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, die Lust hatten aufs Kicken – und zwar nicht bloß ab und zu mal mit Vater und Bruder im heimischen Garten, sondern richtig offiziell als Mannschaft. „Das Schöne ist, dass die Truppe so homogen ist und die Mädels sich nun gemeinsam entwickeln“, sagt Horlacher. Keine Minute habe er es bislang bereut, dass er sich als Trainer der „U19“ zur Verfügung stellte – trotz der hohen Niederlagen, die es Woche für Woche hagelt.

Wer die Mannschaft ein bisschen beim Training beobachtet, dem wird schnell klar, dass sich die Mädels den Spaß am Fußballspielen nicht nehmen lassen. Die Motivation ist längst noch nicht flöten gegangen. „Außerdem sind wir es ja inzwischen gewohnt, viele Tore zu kassieren“, sagt Mittelfeldspielerin Kim Chrupala achselzuckend und erzählt, dass sie sich häufig über Gegnerinnen wundert, die sich bei verpassten Chancen ärgern. „Ich denke mir dann immer, Ihr führt doch schon 7:0, was wollt Ihr denn noch?“ Stürmerin Sina Steinbach findet „Fußball cool, weil man sich dabei so gut auspowern kann“. Kapitänin Camilla Meier rümpft die Nase bei der Vorstellung, sie müsste ab sofort zum Ballettunterricht statt zum Fußball. Und Torhüterin Tanja Killinger – die 18-Jährige hat es eher zufällig ins Tor verschlagen, wie sie erzählt – hat bereits ein kleines Wunder vollbracht. Welche andere Torfrau, die so häufig hinter sich greifen musste, kann schon von Abwerbungsversuchen anderer Vereine berichten?

Mit ihrem Coach sind die Spielerinnen ebenfalls sehr zufrieden. „Er brüllt nicht rum, sondern baut uns immer wieder auf und sieht unsere Fortschritte“, sagt Lisa Holzermer.

Trainer Horlacher hat seinerseits inzwischen auch gelernt, mit den kleinen Eigenheiten seiner quirligen Truppe umzugehen. Mit der hohen Mitteilungsbedürftigkeit während des Trainings etwa oder damit, dass einige Aufwärmübungen auch schon mal als „Schwangerschaftsübungen“ bezeichnet werden. Und wenn ein gut aussehender Schiedsrichter nicht aufpasst, kann es passieren, dass ihn elf Teenager nach einer Partie kichernd beim Duschen beobachten.

Doch was wohl das Wichtigste ist: Der Zusammenhalt und die Moral in der Mannschaft stimmen. „Wir hatten Spiele, da mussten wir wegen akuten Spielermangels zu zehnt antreten, und die Mädels haben ohne Murren tapfer 90 Minuten durchgespielt“, sagt Horlacher. Es sei auch schon vorgekommen, dass eine kranke Spielerin auf dem Platz stand, nur um ihre Kolleginnen nicht hängen zu lassen. Und für die Frauen-WM hat sich das Team an einer Kunstaktion des Bayerischen Fußballverbandes beteiligt und gemeinsam eine Flagge entworfen.

Vier Spiele sind es noch in der laufenden Bezirksligasaison. Absteigen aus der niedrigsten Frauenklasse können sie zwar ohnehin nicht, doch ganz sieglos wollen sich die Frauen aus dem Eckentaler Ortsteil Eschenau nicht aus der Saison verabschieden. Kaum vorstellbar, was beim FCE los wäre, wenn der Dreier wirklich noch gelingen sollte. Zumindest Meister im Feiern wären sie dann wohl allemal.

Werbung
Werbung