Teurer Weg zum Schmuckstück in Unterweihersbuch

31.8.2015, 06:00 Uhr

Im Jahr 1820, so schätzen die Experten, hat sich ein Landwirt das fränkische Wohnstallhaus gebaut. Wohnstall deshalb, weil Menschen und Tiere unter einem Dach lebten und nicht in getrennten Gebäuden. „Es war kein armer Bauer“, sagt Wolfgang Schaffrien, Bauamtsleiter in Stein. Dafür gibt es einen eindeutigen Hinweis: Die Mauern des insgesamt 413 Quadratmeter großen Anwesens sind komplett aus Sandstein.

Das konnte sich im 19. Jahrhundert nicht jeder leisten, oft wurden nur bis zum ersten Stock Steinquader verwendet und darauf eine Fachwerk-Konstruktion aufgesetzt.

Im Inneren gibt es zahlreiche Details, die Denkmalschützer schon bei den ersten Begehungen begeisterten. So ist im ehemaligen Stalltrakt eine preußische Kappendecke, auch Berliner Gewölbe genannt, erhalten. Einzelne Bögen, die sich mehrfach wiederholen, sind mit Ziegelsteinen ausgemauert. Um die Segmente zu stabilisieren, wurden Eisenbahnschienen als Längsstützen verwendet. Nötig war dies besonders in feuchten Räumen wie einem Stall, in denen ansonsten Holzkonstruktionen zu verfaulen drohten.

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Auch für den Laien offensichtlich sind die vielen Spuren, die Menschen als Innendekoration in ihren Wohnräumen hinterlassen haben. Ursprünglich fand sich ein schlichter Farbanstrich mit wenigem floralen Dekor, später folgten mit Strukturwalzen aufgetragene Muster und schließlich immer wieder überklebte Tapetenschichten. Besonders die Verzierungen, die auch die Decken nicht aussparten, begeisterten die Fachleute. Hier finden sich unter den Schichten mehrerer Generationen kräftige Farben in Lila- und Blautönen.

Kurioses Sparen

Bemerkenswert ist auch, dass noch die Fenster, teils aus der Entstehungszeit, erhalten sind. An einem kann man eine kuriose Sparmaßnahme beobachten. Während in der ehemaligen Wohnstube die Fenster mit Sprossen sechsfach unterteilt sind, fällt eines aus dem Rahmen: Es hat acht Sektoren. Nach einem Bruch war es günstiger, eine weitere Sprosse einzuziehen und nur ein kleines Stück Glas zu ersetzen, als die größere und damit teurere Scheibe zu bezahlen.

Die Sanierung des Hauses, die im September mit der Begasung, um alle Holzschädlinge zu bekämpfen, beginnt, soll im Oktober 2016 abgeschlossen sein. 1,1 Millionen Euro, so ist kalkuliert, werden die Arbeiten kosten. Die Stadt Stein als Auftraggeber erwartet dazu Zuschüsse aus dem Denkmalschutzfonds und dem Leader-Programm der EU. Der Zeitplan ist „ehrgeizig“, wie Bürgermeister Kurt Krömer einräumt.

Die Stadt erwarb das Haus samt Gelände vor etlichen Jahrzehnten. Das primäre Interesse galt damals weniger dem alten denkmalgeschützten Anwesen, sondern dem üppigen Umgriff. Denn dort war Platz, um den städtischen Bauhof Steins einzurichten, der inzwischen längst am Asbacher Weg etabliert ist.

Büros und Archivräume der drei Bezirkseinrichtungen werden 2016 in den sanierten Bau einziehen, denn bis dahin läuft der Mietvertrag für das aktuell genutzte Gebäude aus.

Bei einer feierlichen Vertragsunterzeichnung zwischen der Stadt Stein und dem Bezirk Mittelfranken Anfang August erklärte Bezirkstagspräsident Richard Bartsch: „Hier entsteht das Kulturhaus des Bezirks.“ In dem Gebäude werden gleich drei Einrichtungen untergebracht: die Trachtenforschungs- und Beratungsstelle, das Organisationsbüro der alljährlichen Kulturveranstaltung Fränkischer Sommer und — ganz neu — der Populärmusikberater des Bezirks, der für junge Rock- und Popbands da sein soll.

Dass die Wahl des Bezirks auf Stein fiel, liegt an der „verkehrsgünstigen Lage“, erklärt Krömer. „Wir konnten damit punkten, dass wir von Ansbach aus gut zu erreichen sind.“ Auch der ÖPNV-Anschluss ist da, ob per S-Bahn (Unterasbach) oder mit dem Bus ab Nürnberg-Röthenbach.