U-Bahn-Schläger schuldfähig

25.2.2011, 16:00 Uhr

Hat der Fürther Peter R. seinem Kontrahenten, einem damals 17-jährigen Deutschkurden, noch ins Gesicht getreten, als dieser bereits wehrlos am Boden lag? Staatsanwalt Markus Hoffmann wirft R. genau dies vor. Und vor der Schwurgerichtskammer wurde drei Prozesstage lang mit Hilfe von Augenzeugen versucht, eben diese Frage zu klären. Doch ein Video, aufgezeichnet von einer Überwachungskamera in der U-Bahn, hilft kaum weiter — sowohl der Angeklagte als auch sein Opfer sind kaum zu sehen.

Doch es gibt Zeugen, die den brutalen Tritt bestätigen: Der muskulöse Reinigungsmann der Verkehrs-Aktiengesellschaft, der so mutig war, die beiden jungen Männer an jenem 28. April 2010 zu trennen, will den Fußkick gesehen haben. Eine Altenpflegerin, sie wartete damals auf die U-Bahn und rettete als eine der Ersthelferinnen dem Opfer vermutlich das Leben, erinnert sich, dass den Reinigungsmann damals diese besonders rohe Gewalt entsetzte. Doch andere Zeugen berichteten nur von Tritten gegen den Oberkörper des Opfers oder umgekehrt nur von dessen Aggressionen.

Es liegt auf der Hand, dass Strafverteidiger Axel Graemer in seinem Schlussvortrag nächste Woche Zweifel an dem Tritt säen wird: Gelingt ihm das, schrumpft der juristische Vorwurf des versuchten Totschlags eventuell zur gefährlichen Körperverletzung zusammen.

In Strafprozessen sind es häufig die Gutachter, die wichtige Puzzle-Teile für das Gesamtbild liefern. Doch in diesem Fall bringt selbst der renommierte Rechtsmediziner Peter Betz kaum Licht ins Dunkel: Er hat schon in Tausenden von Verfahren als Gutachter ausgesagt — doch die Realität sieht anders aus, als Vorabend-Serien mit forensischen Schauspielern vorgaukeln.Im Film wird jeder Fall mit Hilfe einer DNA-Spur sofort gelöst. Hier wurde zwar DNA des Opfers an den Turnschuhen des Angeklagten festgestellt, jedoch lässt dies den Rückschluss,

dass Peter R. seinem Kontrahenten ins Gesicht oder gegen den Kopf trat, schlicht nicht zu.

 Schlechter Einfluss

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Psychiater Michael Wörthmüller beschreibt den Angeklagten als Sohn aus solidem Elternhaus. Peter R. hatte es auf das Gymnasium geschafft, war immer wieder Klassen-, einmal sogar Schülersprecher. Doch er wurde kriminell und rutschte auf die Hauptschule ab. Der schlechte Einfluss der rechten Kameraden? R. kassierte 2006 seine erste Verurteilung, später fiel er mehrfach mit Gewalttaten auf. Und aus seinen politischen, rechtsextremen Ansichten macht er keinen Hehl.

Es ist die schwere Aufgabe der Strafkammer, den roten Faden in der Fülle an Beweisen und Indizien zu finden, um ohne Zweifel ein Urteil zu fällen. Fest steht jedoch: Der Angeklagte Peter R., ein 24-Jähriger, den die Polizei schon jahrelang als gewaltbereit einstufte, erholte sich nach der Schlägerei am Birkensee. Sein Opfer lag lange im Krankenhaus, unter der Tat leidet es bis heute.