Unbekannter Topverein im Zenngrund

15.1.2016, 10:00 Uhr

Mittelfrankens beste Schützenvereine, das sind SSG Dynamit Fürth, SV Petersaurach und Gut Schuss Boxdorf – allesamt schießen sie mit Luftgewehr oder Bogen in der Bundesliga. Doch einer fehlt: Die Rot-Weiß-Schützen Franken (RWS), die jene 1700-fache Erfolgsbilanz aufweisen.

2015 beispielsweise errang Dominik Bergmann für RWS die Deutsche Einzel-Meisterschaft mit dem Luftgewehr in der B-Juniorenklasse. 592 von 600 möglichen Ringen traf der Eichstätter dabei. Der Ansbacher Nicolas Schallenberger wurde 2015 in der „Schützenklasse“, also bei den Erwachsenen, Deutscher Vizemeister mit 596 Ringen. RWS-Schützen haben allein im Vorjahr weit über 50 Podestplätze errungen, ob im Einzel oder mit Mannschaften. Doch wann hat jemand über diese Vereinserfolge etwas gehört?

Fast nie. Denn bei Nicolas Schallenberger denkt man – wenn überhaupt – an den Bundesligaverein Petersaurach: Für den bestreitet er Rundenwettkämpfe. Nachwuchsschütze Dominik Bergmann tritt in solchen Ligaschießen für SV Adler Buxheim an, einen Eichstätter Verein, der gerade mal in der Gauliga schießt. Deshalb ist er das beste Beispiel, wie RWS Franken arbeitet.

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1986 wurde der Verein gegründet. „Damals lag die Nachwuchsarbeit beim Mittelfränkischen Schützenbund MSB am Boden. Bei Vergleichswettkämpfen auf Landesebene landeten wir immer auf dem letzten Platz“, erinnert sich Günther Reizammer, der RWS-Schützenmeister. Denn gerade in „kleineren“ Vereinen lässt die Ausbildung oft zu wünschen übrig. Die Konsequenz daraus: Der Leistungsverein RWS, „der vor allem mit der Jugend arbeitet. An Technik, an Ausrüstung, besonders in den olympischen Disziplinen Luftgewehr, Kleinkaliber, Pistole“, erzählt Reizammer.

Das Ganze funktioniert von Beginn an nur, weil Ehrenamtlichkeit herrscht: RWS-Stützpunkttrainer bei vielen Vereinen, die sich um den Nachwuchs der jeweiligen Gaue kümmern. „Über Ergebnislisten von Rundenwettkämpfen, durch Mund-zu-Mund-Werbung“ werden die Talente gefunden, beschreibt der Schützenmeister. Und je nachdem, wo im einzelnen Sportjahr die meisten Förderwürdigen herkommen, werden Schwerpunkte gesetzt. „Nur der Vereinssitz ist noch immer Wilhermsdorf“, vielleicht auch, weil die ehemaligen Tell-Schützenmeister Rainer Loesch und Heinz Roder treibende Kräfte für die RWS-Gründung waren.

Weil der Mittelfränkische Schützenbund von Beginn an „ideeller Träger“ war, gibt es offenbar auch genügend Förderer. Jedenfalls wird die RWS-Arbeit weniger durch Vereinsbeiträge als „durch Privatspenden, aber auch Sponsoring der Industrie“ finanziert, sprich von regionalen Firmen, die mit Waffen und Munition ihr Geld verdienen. Trotzdem: Für Günther Reizammer ist Schießen ein Sport, der besonders die Konzentration schult, nicht aber kriegerisch ist.

Gut zu vereinbaren

Seit vielen Jahren ist dessen Wilhermsdorfer Privat- auch die Vereinsadresse. Dennoch ist er in Schützenkreisen weniger als RWS-Schützenmeister, sondern als Trainer des Bundesligateams des SV Petersaurach bekannt. Aber: Die mittelfränkische Nachwuchsarbeit scheint ihm mindestens genauso wichtig zu sein.

Wobei sich beides offenbar ganz gut verknüpfen lässt: Vom aktuellen SV-Bundesligakader waren die meisten zuvor als Jugendliche für RWS auf Meisterschaften unterwegs, gibt er zu. Doch auch zur „Konkurrenz“ Dynamit Fürth seien viele nach ihrer Jungschützenzeit gewechselt, gerade in den vergangenen Jahren.

Trotz aktuell 50 jugendlicher und 80 erwachsener Mitglieder: Eigene Schießstände hat der Erfolgsverein bis heute nicht, auch kein Vereinsheim. Dafür profitieren die Vereine selbst von ihrer Gastfreundschaft, wenn bei ihnen die Stützpunkttrainings stattfinden: Auch ihr Nachwuchs kann sich etwas abschauen. Und deren Trainer schult Reizammer ebenfalls.