Vilma frisst ihre Kinder auf - Interview mit Helmut Mägdefrau

7.1.2008, 00:00 Uhr

Helmut Mägdefrau hat die Hände tief in der Jackentasche vergraben, die Stirn liegt in Falten. Der stellvertretende Direktor des Nürnberger Tiergartens hat der versammelten Presse Trauriges zu verkünden: Zwei kleine Eisbären sind tot.

Um elf Uhr wurde ein Tierpfleger aufmerksam. Wilma kratzte an der Tür, aufgeregt, nervös. "Wir hatten beschlossen, wenn etwas Auffälliges sein sollte, schauen wir nach", sagt Mägdefrau. (Klicken Sie links und hören Sie Helmut Mägdefrau im NN-Gespräch) Um 11.15 Uhr dann die traurige Gewissheit: Die Höhle ist - bis auf das Muttertier - leer. Keine kleinen Eisbären zeigen sich dem Zoopersonal. Auch in der Brutecke können die Mitarbeiter unter dem Stroh nichts entdecken.

Vermutlich hat Mutter Wilma ihre Jungen aufgefressen, mutmaßt Mädgefrau. Warum? Mägdefrau zuckt mit den Schultern. Aus Hunger nicht, da ist sich der Biologe sicher. Man habe der Bärin Fleisch angeboten, "sie hat aber nur einen Brocken gefressen." Was kann dann der Grund für den plötzlichen Tod der Kleinen sein? "Wahrscheinlich hatten sie Infektionen." Und Raubtiere tendierten dazu, im Todesfall ihre Nachkommen zu verspeisen. Mehr will Mägdefrau dazu nicht sagen. "Die genaue Ursachen werden wir wohl nie wissen."

Jetzt setzt der Tiergarten alle Hoffnungen auf Vera. Wie üblich hält sie es auch an diesem Tag nicht in der Höhle aus, immer wieder klettert sie auf ihre Felsen, beobachtet Zoobesucher und die wartenden Journalisten. Kamaras klicken, surren. Die Bären scheint es nicht zu stören. Doch dann ein Fiepen, Babygeschrei aus der Höhle. Vera horcht sofort auf, stürzt zurück zu ihrem Kleinen. "Sie ist eine vorbildliche Mutter", betont Tiergartendirektor Dag Encke. "Besonders für eine Erstgebärende."

Allerdings, dass muss der Biologe zugeben: Auch Vilma kümmerte sich wohl liebevoll um ihren Nachwuchs. Jetzt sind ihre Babys tot. Doch, das betonen sowohl Mägdefrau als auch Encke: man habe nichts falschgemacht. Eine Videoüberwachung der Bruthöhle hätte die Tragödie nicht verhindern können. Man bleibt bei der beschlossenen Strategie. In Veras Höhle werden keine Kameras installiert. "Wir wollen keine Störung." Und so muss auch Wilma noch ein paar Wochen in ihrer Höhle bleiben - bis sich die kleinen Babys von Vera der Öffentlichkeit zeigen.