Wintersport: Wenn der Bundestagsabgeordnete vorm Fernseher klebt

21.2.2021, 10:21 Uhr

 Zu Beginn gleich mal ein sportlicher Fragen-Doppelpack, Herr Auernhammer: Wann haben Sie zuletzt Sport betrieben und wie ist es um ihre Fitness bestellt?

Artur Auernhammer: Mein Fitnesszustand könnte wesentlich besser sein (lacht). Ich sage nur Hashtag Corona-Speck! Homeoffice und so etwas lassen ebenfalls grüßen. Sportlich komme ich zumindest während der Sitzungswochen in Berlin in der Früh mal zum Laufen, das ist mir auch wichtig. Was mir derzeit am meisten abgeht, ist das Skifahren. Ich stand am 8. März vergangenen Jahres letztmals auf Skiern, als ich mit dem Weißenburger Ski-Club auf der Vereinsmeisterschaft war.

Gerade durch das Homeoffice sind Sie in den vergangenen Wochen relativ viel zu Hause in Oberhochstatt gewesen. Da herrschte ja ein regelrechter Wintertraum. Haben Sie die gespurten Loipen, die praktisch vor Ihrer Haustüre liegen, nutzen können?

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Das hätte ich sehr gerne gemacht. Ich wollte mir eigentlich neue Langlaufskier kaufen, was aufgrund der geschlossenen Läden aber problematisch war. Ich war dann eher zu Fuß unterwegs und habe die Bewegung an der frischen Luft genossen. Wir hatten eine wirklich gute Schneelage, wesentlich besser als in den letzten Jahren und es war sehr schön, dass viele Menschen das auch nutzen konnten.

Sie sind in Oberhochstatt auf einem Bauernhof groß geworden. Wenn Sie sich einmal an Ihre Kindheit zurückerinnern: Gingen Sie damals den klassischen Weg zum Fußball beim Dorfverein? Wie hat ihre eigene sportliche Laufbahn ausgesehen beziehungsweise gab’s die überhaupt?

So richtig gegeben hat es sie eigentlich nicht. Im Schulsport war ich ganz ehrlich gesagt eine Pflaume. Aber als Jura-Bewohner hat man schon immer einen gewissen Bezug zum Skisport, vor allem alpin natürlich. In meiner Ausbildungszeit war ich dann in Traunstein, da waren wir in jeder freien Minute unterwegs zum Skifahren – ob Steinplatte/Winklmoosalm oder Rauschberg/Ruhpolding. Später im etwas gesetzteren Alter kam bei mir eine Bandscheibenoperation, die mich ermuntert hat, im Fitnessstudio Rückentraining zu machen, was mir sehr gutgetan hat. Inzwischen sind auch die Skifreizeiten, die wir mit dem Bundestag unternehmen, ein fester Bestandteil meiner sportlichen Aktivitäten.

Stichwort Bundestag. Als Abgeordneter gehören Sie dessen Sportausschuss an. Wie kommt man in dieses Gremium?

Man bewirbt sich. Ich war in der letzten Wahlperiode stellvertretendes Mitglied. In der neuen Wahlperiode hat die CSU nur einen Sitz und dafür habe ich mit beworben. Das Ganze auch vor dem Hintergrund, damit in dem Ausschuss auch der Wintersport vertreten ist. Wir haben darin Leute wie den früheren Turner Eberhard Gienger oder den ehemaligen Radrennfahrer Jens Lehmann. Und die Fußballer sind sowieso bestens repräsentiert. Dann war die Überlegung, dass ich als Vertreter des Wintersports dabei sein könnte, und die Fraktionsführung hat gesagt okay, das machen wir.

Für einen begeisterten Wintersportler wie Sie jagt zurzeit ein Topereignis das andere. Aktuell laufen noch die Weltmeisterschaften im alpinen Rennsport und im Biathlon, als Nächstes steht schon die Nordische Ski-WM in Oberstdorf vor der Tür. Normalerweise wären Sie bei diesen Großereignissen vor Ort. Wie sieht es in Corona-Zeiten aus?

Wenn es irgendwie geht, bin ich in normalen Zeiten sehr viel vor Ort, vor allem an den deutschen Sportstätten – egal ob Bobbahn, Biathlon-Stadion oder auch Skisprungschanzen. International hatte ich eigentlich geplant, meinen regulären Skiurlaub heuer in Cortina d‘Ampezzo bei der Alpin-WM und bei der deutschen Mannschaft zu verbringen, aber das ist jetzt natürlich alles gestrichen. So war ich in diesem Winter überhaupt noch bei keiner Sportveranstaltung, aber ich klebe regelrecht vor dem Fernseher, wenn die Wettbewerbe stattfinden. Ich bin danach auch immer wieder in Kontakt mit den Organisatoren, den Bürgermeistern und vor allem auch mit Trainern, Betreuern und Athleten.

Wie sieht es für die Nordische WM aus, die vom 23. Februar bis 7. März in Oberstdorf und damit ja in Deutschland läuft?

In Oberstdorf ist die besondere Situation, dass ich dort dem Festausschuss angehöre. Das nennt sich Ehrenpräsidium und umfasst Persönlichkeiten wie Innenminister Joachim Herrmann, Professor Martin Viessmann vom gleichnamigen Sponsor, aber auch Ex-Sportler wie Irene Epple oder Tobias Angerer. Wir sind bislang nur virtuell beieinander, sollten vor Ort aber eigentlich auch die Siegerehrungen machen. Wie es tatsächlich wird, das hat auch mit der aktuellen Inzidenz zu tun. Wir wissen es wirklich noch nicht konkret. Die Eröffnungsfeier wird jedenfalls sehr dezent abgehalten und Ministerpräsident Markus Söder als Schirmherr wird wahrscheinlich auch nicht vor Ort sein können. Insgesamt ist das eine sehr anspruchsvolle Veranstaltung, die uns seit Jahren beschäftigt – auch schon vor Corona.

Was sind generell die Aufgaben des Sportausschusses im Bundestag?

Wir sind im Sportausschuss in erster Linie zuständig für die Förderung und Finanzierung des Spitzensports. Wenn es um Olympiamannschaften, um Weltmeisterschaften, um deutsche Titelkämpfe und auch darüber hinausgeht, da sind wir zuständig. Vor allem geht es dabei auch um die Rahmenbedingungen für den Sport. Zum Beispiel beim Sportstättenbau, beim Bau von Olympia- und Bundesstützpunkten. Was uns etwa in Oberstdorf lange beschäftigt hat, war die Finanzierung und Sanierung der Sportanlagen für die WM. Da wurde auch sehr viel Geld vom Bund bereitgestellt. Außerdem geht es viel um Dopingfragen und Dopingbekämpfung. In diesem Bereich habe ich auch die Berichterstattung für die Fraktion übernommen.

Jüngst hat sich ihr Ausschuss intensiv mit den Folgen der Corona-Krise für den Sport und seine Vereine befasst. Was waren die Ergebnisse?

Ich habe eigentlich nichts Neues erfahren, sondern bin nur in dem bestätigt worden, was ich selber erlebe – nämlich, dass der Sport ziemlich am Boden liegt und dass wir alles daransetzen müssen, um den Sport zu reaktivieren. Ich habe auch schon einen flehenden Aufruf gestartet, dass die Ministerpräsidenten-Konferenz am 3. März dafür sorgt, dass Sport in freier Natur, sprich am Golfplatz oder Skilift wieder möglich ist. Es ist existenziell, dass die Menschen rauskommen und sich bewegen können. Das ist das A und O und das ist für mich auch die Verbindung von Sport- und Landwirtschaftsausschuss.

Inwiefern?

Im Landwirtschaftsausschuss reden wir viel über Ernährung, aber viel zu wenig über Bewegung. Beides gehört für mich aber zusammen. Dabei geht es nicht nur um Spitzensportler, sondern um die gesamte Bevölkerung vom Kleinkind bis zum Senior. Ich finde, es bleibt so viel auf der Strecke, was an körperlicher Aktivität eigentlich notwendig wäre, um das Immunsystem zu stärken und gesund und fit zu bleiben. Das macht mir die meisten Sorgen: Die langfristigen Folgen der Corona-Krise sind einfach noch nicht abschätzbar. Auch die Situation in den Vereinen treibt uns natürlich um. Jeder Verein hat da riesige Probleme. Zum Beispiel können gemeinsame Trainingseinheiten nicht mehr stattfinden. Das alles zu reaktivieren, ist die große Herausforderung.

Nicht reaktivieren muss man den Profifußball, der seit Monaten trotz leerer Stadien weiterläuft. Hier haben Sie eine weitere Verbindung zum Sport: Sie sind ein großer Anhänger des FC Bayern München und als solcher auch Mitglied im FCB-Fanclub des Bundestages. Wie ist es dazu gekommen?

Der Kollege Florian Hahn aus München hat 2014/2015 angefragt, ob wir einen solchen Fanclub machen wollen. Ich habe gesagt, da bin ich dabei! Und die Dorothee Bär hat auch gleich zugesagt. Auf Anhieb waren dann bei einer Mitgliederversammlung 59 MdBs dabei. Wir konnten dann niemanden mehr zusätzlich aufnehmen, sonst wären wir ja "Sechz‘ger" gewesen (lacht). Mittlerweile haben wir aber über 80 Mitglieder, sind der größte Fanclub im Bundestag und sogar der Paul Breitner ist schon zu uns gekommen. Inzwischen hat fast jeder Verein seinen Fanclub im Parlament – bis auf die Nürnberger, die bringen einfach nichts zusammen, denn da bräuchten sie mindestens drei Fans. Aber sie trommeln jetzt schon gewaltig. Was man auch sagen muss: Das alles ist parteiübergreifend.

Wie bim Wintersport sind derzeit auch beim Fußball keine Zuschauer erlaubt und es wird viel über die Sonderrolle des Fußballs diskutiert.

In diesem Zusammenhang muss ich sagen, dass mir der FC Bayern da in den vergangenen Wochen keine Freude gemacht hat. Wir haben im Leistungssport ein riesiges Privileg, dass man den Sport ausüben darf. Wenn ich dann Reaktionen wie auf den verspäteten Abflug aus Berlin höre, dann hätte ich mir schon etwas mehr Feingefühl von der Vereinsführung erwartet. Gerade wegen der Privilegien gehört für mich der Blick über den Zaun dazu: Was denkt sich derjenige, der im Dorfverein überhaupt nicht spielen darf und der FC Bayern macht gleichzeitig solche Aufstände.

Sie schließen sich also den kritischen Stimmen an?

Wir merken das gerade in der Sportpolitik. Da gibt es den Fußball und dann den anderen Sport. Der Fußball ist auch international gesehen ein Riesengeschäft. Wenn ich so manchen Kicker mit so manchem Athleten vergleiche, den ich zum Beispiel aus dem Deutschen Skiverband kenne, oder auch mit Leichtathleten, wird deutlich, was die für wirtschaftliche Verhältnisse haben. Das sind zwei Welten, die passen nicht ganz zusammen. Insofern versuchen wir gerade auch die Nichtfußballer zu unterstützen. Genauso wie den ganzen Rehasport und den Paralympic-Bereich. Ich konnte 2016 in Rio bei den Paralympischen Spielen dabei sein und habe gesehen, wie das Menschen mit Handicap motiviert. Insofern war es mir auch wichtig, dass wir die Entlohnung von Medaillen bei Olympia und Paralympia gleichsetzen.

Sie kennen und erleben den Sport in vielen Facetten. Abschließende Frage: Was würden Sie für sich als Ihre Lieblingssportart bezeichnen?

Skifahren, absolut! Nicht nur als Aktiver, sondern auch als Fernsehzuschauer. Wir haben es in Deutschland mit den Wintersport-Wochenenden in ARD und ZDF geschafft, dass uns viele andere beneiden. Da ist im Stundentakt alles dabei und es gibt gerade in diesem Winter auch sehr hohe Einschaltquoten. Die Menschen brauchen halt auch Abwechslung in diesen Zeiten.

Zur Person

Artur Auernhammer (57) stammt aus dem Weißenburger Ortsteil Oberhochstatt. Der Landwirtschaftsmeister trat 1994 der CSU bei, ist seit 1996 im Kreistag sowie seit 2002 im Weißenburger Stadtrat. Als Nachrücker kam er 2004 für ein Jahr erstmals in den Bundestag. 2013 erhielt er das Direktmandat im Wahlkreis Ansbach und ist seither festes Mitglied im deutschen Parlament.