Abgas-Skandal: US-Behörde stellt VW ein Ultimatum

11.10.2015, 13:30 Uhr

Die US-Umweltbehörde stellt VW ein Ultimatum. Bis zum 20. November müssen sie einen Plan vorlegen, wie betroffenen Fahrzeuge nachgerüstet werden können. © Julian Stratenschulte/dpa

In der Abgas-Affäre kämpft VW weiter an mehreren Fronten. Europas größter Autobauer muss vor allem in den USA weitere Schadensbegrenzung betreiben und steht durch eine Ultimatum der kalifornischen Umweltbehörde CARB unter Zeitdruck.

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg nahmen US-Behörden inzwischen eine zweite Software ins Visier, die den Schadstoff-Ausstoß von Dieselautos beeinflussen kann. Aus Konzernkreisen hieß es am Samstag dazu, bei den Untersuchungen der Manipulationsvorwürfe gehe es weiter nur um ein Programm. Ein weiteres Programm spiele aber in einem anderen Zusammenhang eine Rolle.

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Dieses komme während des Warmlaufen der Abgasanlage zum Einsatz und liege zur Genehmigung vor. "Wie bereits in der Anhörung vor dem US-Kongress erklärt, hat VW im Rahmen des Zulassungsverfahrens für die Modelle mit 2,0 TDI-Motoren des Modelljahres 2016 über ein Auxiliary Emissions Control Device (AECD) informiert", erläuterte ein Sprecher in Wolfsburg.

Aussage im Parlament

VW-US-Chef Michael Horn hatte am Donnerstag im Parlament in Washington zu der Affäre ausgesagt. Dabei erklärte er den Angeordneten unter anderem, dass Volkswagen den Antrag auf die Zulassung von Diesel-Wagen des Modelljahres 2016 mit AECD zurückgezogen habe, weil die Umweltbehörden das Hilfsgerät zunächst prüfen müssten. Zunächst war unklar gewesen, ob es sich dabei um ein zulässiges Mittel zur Abgaskontrolle oder um eine weitere Manipulationssoftware handelt. Horn: "Wir arbeiten mit den Behörden zusammen, um das Zertifizierungsverfahren fortzusetzen."

In Deutschland hatte die Braunschweiger Staatsanwaltschaft am Donnerstag bei ihren Ermittlungen Geschäfts- und Privaträume durchsuchen lassen. Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufseher Stephan Weil betonte in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur, VW müsse bei der Aufarbeitung der Affäre in die Offensive gehen.

"Mit Fehlern muss man klug und besonnen umgehen, darf sie nicht verschweigen, sondern muss die Ursachen angehen und die Folgen beseitigen." Auch der Aufsichtsrat habe sich "die Aufklärung mit hoher Konsequenz zur Aufgabe gemacht", sagte der Regierungschef aus Hannover, der Kontrolleur für den VW-Großaktionär Niedersachsen ist.

Weitere Tests bei anderen Herstellern an

Die kalifornische Umweltbehörde CARB setzte Volkswagen ein Ultimatum. VW habe bis zum 20. November Zeit, einen Plan dazu vorzulegen, wie sich betroffene Dieselwagen nachrüsten ließen, sagte CARB-Leiterin Mary Nichols dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Freitag). Sie kündigte zudem weitere Testergebnisse zu Diesel-Modellen auch anderer Hersteller an - Ergebnisse gebe es "in den nächsten Monaten".

Die Behörde denkt offenbar darüber nach, notfalls Autos des VW-Konzerns aus dem Verkehr zu ziehen. "Wenn es keine technische Lösung gibt, drohen die Stilllegung und zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit Kunden."

VW hatte vor wenigen Tagen um Geduld gebeten und angekündigt, den Rückruf der rund 480 000 in den USA betroffenen Fahrzeuge im Januar starten zu wollen. Weltweit geht es um etwa elf Millionen Autos.

Der neue Vorstandschef Matthias Müller nimmt an, dass ein Rückruf wohl bis Ende 2016 dauern dürfte. Aufseher Weil sagte der dpa, der Manager stehe dazu, mögliche Folgen für die Jobs so gut wie möglich aufzufangen: "Müller hat zugesagt, alles daran zu setzen, dass Volkswagen auch in Zukunft für gute und sichere Arbeitsplätze steht."

Großkunden in Sorge um Fuhrpark

Die "Defeat Device" genannte Software stellt fest, ob sich die Wagen in einem Abgastest befinden. Nur dann ist die Reinigung voll aktiv, im Normalbetrieb ist die Luftverpestung um ein Vielfaches höher.

Auch gewerbliche Großkunden wie die Deutsche Post sorgen sich um die Entwicklung. Weil große Teile der eigenen Flotte vom Diesel-Skandal betroffen sein könnten, forderte Post-Chef Frank Appel eine "volle Transparenz" von dem Autokonzern. Von den rund 90 000 firmeneigenen Fahrzeugen kämen etwa 20 000 von VW, fast alle seien Dieselmodelle, sagte Appel der "Süddeutschen Zeitung".

Es sei aber noch unklar, wie viele Fahrzeuge bei dem Logistik-Konzern tatsächlich betroffen seien. "Und danach muss es sicher einen Maßnahmenplan geben, um nachzubessern oder umzurüsten", sagte Appel. "Die Ereignisse bei VW sind natürlich nicht schön."

In Anbetracht der Probleme bei Volkswagen gibt es in der SPD Überlegungen, die Kurzarbeiter-Regel auf Leiharbeiter auszudehnen. Auf entsprechende Pläne war Parteichef Sigmar Gabriel bereits am Donnerstag nach einem Treffen mit dem VW-Weltkonzernbetriebsrat in Wolfsburg eingegangen. Laut "Bild"-Zeitung prüft dies nun auch die Bundesagentur für Arbeit. Details hierzu stünden noch nicht fest.