Schaeffler-Werke sind im Kampf erprobt

12.5.2009, 00:00 Uhr

Eltmann, gelegen in dem beschaulichen Hügelland zwischen Bamberg und Hassfurt, sticht durch einen Schornstein hervor, an dem FAG prangt. 2004 hatte das FAG-Kugelfischer-Werk mit 670 Arbeitsplätzen eigentlich geschlossen und die Produktion nach Osteuropa verlagert werden sollen. Doch es kam anders: Nach drei Wochen heftigster Gegenwehr, Arbeitsniederlegungen, Aktionen mit schwarzen Grabkreuzen vor dem Werktor und einem Gottesdienst mit 2500 Besuchern unterzeichneten Schaeffler- Geschäftsleitung und Gewerkschaften einen Kompromiss.

Rettender Konjunkturaufschwung

Die darin vereinbarten Entlassungen mussten gar nicht umgesetzt werden - dank des damaligen Konjunkturaufschwungs und der Investitionen des Konzerns in neue Produktionsanlagen zur Herstellung von Tonnenrollen. Zwar verlagerte Schaeffler Fertigungsteile tatsächlich nach Rumänien, dafür kam ein Bereich der Antriebstechnik neu nach Eltmann.

Fazit der Erfolgsstory: «Kufi«, wie das Kugelfischer-Werk dort immer noch genannt wird, ist in dem 6000-Einwohner-Ort mit heute knapp 600 Beschäftigten immer noch der größte Arbeitgeber. Vor den Schließungsabsichten waren dort wenig mehr, nämlich 670 Mitarbeiter, in Lohn und Brot gewesen.

Eine ganz andere Geschichte schreibt der FAG-Standort Elfershausen an der fränkischen Saale. Er ist das Symbol für die Abweichler vom IG-Metall-Kurs. Was dort 2006 geschah, treibt führenden Gewerkschaftern heute noch die Zornesröte ins Gesicht. Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer ist sauer auf die Betriebsratschefin Bettina Heurung, die mit der Geschäftsführung gegen die Gewerkschaft paktiert habe: «Die Bettina hat ihr eigenes Süppchen gekocht."

«Die Rebellen von Elfershausen«

Aus Angst vor einer Verlagerung der Produktion nach China habe der Betrieb mit 200 Mitarbeitern einer Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden zugestimmt. Und das, ohne irgendwelche Garantien als Gegenleistung zu bekommen. Im Gegenteil: Das Werk hat den Arbeitgeberverband verlassen und ist nicht mehr tarifgebunden.

Der Konflikt mit den «Rebellen von Elfershausen« hatte auch für die Gewerkschaft erhebliche Folgen: Der Anteil der «IG-Metall-Mitglieder ist von damals 90 auf 50 Prozent« abgestürzt, sagt Neugebauer erbost. Die Beschäftigten seien seitdem vogelfrei, da könnten sie demonstrieren so viel sie wollten. «Es bleibt nur der gebückte Gang." Fast wäre es in Eltmann ebenfalls so weit gekommen. «Damals habe ich Prügel bezogen«, sagt Neugebauer. «Denn ein guter Teil der Belegschaft meinte: ,Was hast du für ein Problem mit den 40 Stunden?‘ In dem Fall wären 600 Leute in Schweinfurt überflüssig geworden.« Zum Glück habe man das Blatt in Eltmann noch wenden können.

"Scharf gemacht" durch die Gewerkschaften

Jürgen Geißinger, Chef der Schaeffler-Gruppe, war schon immer der Meinung, dass die Arbeitnehmer selbst gar nichts gegen längere Arbeitszeiten haben. Sie würden nur scharf gemacht durch die Gewerkschaft.

Bei der einzigen regionalen Pressekonferenz vor fünf Jahren, bei der Geißinger - er steht immerhin seit einem guten Jahrzehnt an der Konzernspitze - zugegen war, beklagte der promovierte Ingenieur «das Monopol der Gewerkschaften«. An den meisten Standorten in Deutschland hatte er damals die 38-Stundenwoche nicht durchsetzen können.

Ansonsten macht sich Geißinger in der Öffentlichkeit unsichtbar. Präsenz zeigte dafür die Gesellschafterin Maria-Elisabeth Schaeffler, der Geißinger auch den Gang nach Canossa in die Frankfurter IG-Metall-Zentrale überließ. Dort hatte die Großindustrielle eine Vereinbarung unterschrieben, die unter anderem zu mehr Mitbestimmung führen soll.

Schiff ohne Kapitän

Dass Geißinger sich so gut wie nie blicken lässt, stößt auch den Beschäftigten auf. Bei einer Betriebsversammlung kürzlich in Schweinfurt verglich Peter Hartlaub von der katholischen Betriebsseelsorge den Manager mit Captain Ahab aus dem Roman «Moby Dick«. Der hatte sich im Sturm unter Deck eingesperrt.

Genauso, meinte der Betriebsseelsorger, verhalte es sich mit dem Schaeffler-Schiff: Es schlingere auf stürmischer See, aber nirgendwo sei der Kapitän zu sehen.