Klimaschutz

Klimaneutral bis 2040: Fürths ambitioniertes Ziel kommt an

14.5.2021, 05:55 Uhr

Entscheidend auf dem Weg zur Klimaneutralität: umweltfreundliches Heizen. © Simone

Es sind ambitionierte Klimaschutzziele, die die Stadtspitze anpeilt: Die Verwaltung soll bis spätestens 2035, die ganze Stadt bis 2040 klimaneutral sein. Das kommt gut an, wie jüngst im Umweltausschuss deutlich wurde – die vorgeschlagenen Klimaschutzziele werden von den Parteien grundsätzlich unterstützt. Marcus Steurer, Geschäftsführer der Infra, warnte im Ausschuss aber auch vor Euphorie und machte deutlich, dass große Ziele mit hohen Kosten verbunden sein werden.

Aber von vorn: Die Stadt Fürth hat ihren selbstgesetzten "Klimaschutzfahrplan" eingehalten: Zwischen 2010 und 2020 gelang es, die Kohlendioxid-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 23 Prozent zu reduzieren.

"Restbudget" ist 2028 aufgebraucht

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Nun gilt es, sich neue Ziele zu setzen und als Kommune einen Beitrag zu leisten, die weltweite Klimaerwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wie es im Pariser Klimaabkommen 2015 festgelegt wurde.

Dieser Beitrag liegt darin, rasch klimaneutral zu werden – was bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen als gebunden werden. Bis dahin aber, bis Fürth Klimaneutralität erreicht hat, steht insgesamt nur noch ein "Restbudget" an 6,5 Millionen Tonnen CO2 zur Verfügung, wie das Umweltreferat berechnete.

Werden die Klimaschutzbemühungen nicht verstärkt, ist dieses Restbudget schon im Jahr 2028 aufgebraucht. Es besteht also Handlungsbedarf.



Darüber herrschte im Umweltausschuss an sich Einigkeit. Kleinere Diskussionen gab es aber um die Zwischenziele auf dem Weg zur Klimaneutralität. So sollen auf Verwaltungsvorschlag beispielsweise bis 2030 die jährlichen Treibhausgas-Emissionen um sieben Prozent sinken – zuletzt gingen sie lediglich um ein Prozent im Jahr zurück. Der Stromverbrauch soll sich um fünf Prozent jährlich reduzieren. Ebenso sollen fünf Prozent aller Gebäude Jahr für Jahr energetisch saniert werden.

Maurice Schönleben (SPD) betonte, dass die SPD-Fraktion bereit sei, "ambitionierte Klimaschutzziele" zu beschließen, meinte aber auch, dass man bei den Zwischenzielen etwas Flexibilität brauche.

Ebenso sah das der CSU-Rat und dritte Bürgermeister Dietmar Helm: "Wir müssen das Gesamtziel im Blick behalten, aber auf dem Weg dorthin flexibel bleiben."

Harald Riedel (Grüne) schlug als "Kompromiss" vor, sich an einem übergreifenden Zwischenziel zu orientieren. Denn unter dem Strich müssen auf dem Weg zur Klimaneutralität die jährlichen Pro-Kopf-Emissionen in Fürth bis 2030 deutlich sinken: von zuletzt 6,36 Tonnen je Einwohner und Jahr auf dann 1,7 Tonnen. Bei der Frage, wie diese 1,7 Tonnen erreicht werden, könnte man sich Spielraum erlauben. Dieser Gedanke stieß auf Zustimmung.

Ein Zwischenziel aber spielte im Ausschuss dann doch noch eine Rolle: Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) am Gesamtverkehr soll von derzeit 50 auf 20 Prozent im Jahr 2030 sinken.

Anders gesagt: Aktuell sind von 100 Verkehrsteilnehmern 50 motorisiert unterwegs, etwa mit dem Auto oder Motorrad – ab 2030 sollen es nur noch 20 sein. Hier setzte die Kritik von Infra-Chef Marcus Steurer an.



Er wies darauf hin, dass der MIV-Anteil in den vergangenen 13 Jahren um gerade einmal drei Prozentpunkte abgenommen habe. "Und nun will man sich das Ziel setzen, in den nächsten neun Jahren um 30 Prozentpunkte zu reduzieren? Ist das realistisch?"

Außerdem betonte er, dass es Millionen kosten würde, den Anteil der Fernwärme deutlich zu steigern, wie von der Verwaltung geplant. Dies hätte zur Folge, dass die Infra künftig womöglich kein Geld mehr an die Stadt überweisen könnte, stattdessen sogar auf Geld angewiesen wäre.

Steurer hätte es ohnehin sinnvoller gefunden, nicht nur über Klimaschutzziele zu sprechen, sondern auch gleich über die damit einhergehenden Maßnahmen und deren Kosten.

Die Verwaltung aber geht hier einen anderen Weg: Sie möchte im ersten Schritt vom Stadtrat Klimaschutzziele beschließen lassen, um dann im zweiten, darauf aufbauend, bis Jahresende die Maßnahmen zu planen und das Konzept fertigzustellen.

Stadträte im Dilemma

Markus Dinter-Bienk (SPD) brachte das grundsätzliche Dilemma auf den Punkt: "Je ambitionierter die Ziele, umso größer das Risiko, dass wir scheitern." Zumal die Stadt ja über vieles nicht entscheidet, das ausschlaggebend ist für den Erfolg.

Darüber etwa, ob die Bürger tatsächlich verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen oder ihre alte Heizung gegen eine klimafreundlichere austauschen werden. Das habe man nicht in der Hand, man könne hier nur Anreize setzen.

Jedoch herrschte im Ausschuss die Überzeugung vor, dass man beim Klimaschutz ins Risiko gehen müsse. "Eine klare Zielsetzung ist wichtig. Die Bürger erwarten von uns, dass wir diesen Weg gehen", meinte etwa Dietmar Helm.

Ein konkreter Beschluss wurde aber noch nicht gefasst; den soll es im Stadtrat geben, der sich noch in seiner Mai-Sitzung mit dem Thema beschäftigen wird.