Kuscheldeckenweich: "Day Breaks" von Norah Jones

17.10.2016, 19:46 Uhr

"Day Breaks" markiert eine Rückkehr zum Stil des Debüts. Inspiriert dazu wurde Norah Jones durch einen Auftritt vor zwei Jahren bei dem Jubiläumskonzert ihres Labels, "Blue Note at 75" in Washington. "Ich teilte mit all diesen großartigen Jazzmusikern die Bühne und fühlte mich nach dem Konzert irrsinnig beseelt. Der Ideenknopf in meinem Kopf schaltete sich an, und mir fielen Songs in dieser klassischen Richtung ein."

Viele der Kollegen, die schon in Washington mit dabei waren, finden sich jetzt auch auf "Day Breaks" wieder. Der inzwischen 83-jährige Saxophonist Wayne Shorter beispielsweise, der Schlagzeuger Brian Blade, der Bassist John Patitucci, Lonnie Smith an der Orgel und der Pianist Jason Moran spielen mit auf der Platte, die von Norah selbst sowie ihrem Co-Produzenten Eli Wolf aufgenommen wurde. Nach dem eher kantigen, stärker die Gitarre akzentuierenden, 2012 von Brian "Danger Mouse" Burton (Red Hot Chili Peppers, Gnarls Barkley) betreuten Trennungsalbum "Little Broken Hearts" konzentriert sich Norah Jones jetzt wieder stärker auf Jazz, ihren sanften Gesang und das Klavierspiel.

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Wann die Ideen kommen, ist freilich Glückssache, die Kreativität der Norah Jones ist keine Gabe, die man mit der Brechstange hervorkitzeln kann. "Ich kann das nicht steuern. Songschreiben ist bei mir keine schnelle Angelegenheit. Ich könnte niemals ein Lied innerhalb eines Tages komponieren."

Um Trennung und Liebesschmerz, wie auf den vorangegangen beiden, sehr persönlichen Alben, geht es diesmal — bedingt durch ihre Lebenssituation — nun wirklich nicht. "Ein Glück", sagt Jones und lacht endlich mal richtig. "Trennungslieder gibt es fürs erste genug von mir. Ich bin verdammt froh, dass diese üble Phase vorbei ist und ich privat nicht länger durch die Hölle gehen muss."

Wie ein alter Standard

Jetzt schreibt sie eben über das Gegenteil, über die Liebe und übers Verlieben. "And Then There Was You" ist so ein Lied. Klingt wie ein alter Standard, den es schon ewig gibt, warm und weich und wie eine klangliche Kuscheldecke. Der Song ist aber neu, und der Adressat nicht schwer zu erraten. "Ziemlich eindeutig, dass es in dem Text um meinen Mann geht. Ich begann den Song vor vier Jahren, als ich gerade mit ihm zusammengekommen war. Übrigens in Deutschland, direkt nach einem Konzert in meiner Garderobe, leider weiß ich nicht mehr, in welcher Stadt. Und ich vollendete ihn, nachdem wir unser erstes Baby hatten."

Auch politische Themen

Neben der Liebe nehmen aber auch gesellschaftliche und politische Themen einigen Raum auf "Day Breaks" ein. "Flipside" ist eine Kritik am Waffenwahn ("Die USA wären besser dran, wenn es weniger Waffen gäbe"), "It’s A Wonderful Time For Love" ruft dazu auf, innezuhalten und sich nicht verrückt machen zu lassen.

"Der Song ist meine Reaktion auf den ganzen Scheiß, der in der Welt passiert", so Jones, ein wenig sehr pauschal. Geht es konkreter? "Die Nachrichten sind ständig so aufwühlend, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Der Song sollte möglichst ,throwback’, also nach den guten alten Zeiten des Jazz klingen."

2004 veröffentlichte Norah Jones mit "My Dear Country" einen Protestsong gegen George W. Bush, was freilich dessen Wiederwahl nicht verhinderte. Aktuell will ein noch dubioserer Zeitgenosse Präsident werden. Würden Norah in einem Land leben wollen, in dem Donald Trump Präsident ist? "Das ist ein wirklich beängstigender Gedanke. Ich kann und möchte mir gar nicht erst vorstellen, dass es dazu kommt."

Aktuelles Album: Norah Jones, „Day Breaks“ (Universal)