Wiener "Tatort": Wenn Studenten sich dopen

21.1.2017, 09:49 Uhr

"Ich bin normal. Völlig normal. Mein Name ist David Frank. Ich werde meine Mutter, meinen Vater und anschließend mich selbst töten. Und ich werde mich bemühen, Ihnen zu erklären, warum." Das sind die ersten Sätze im "Schock-Tatort" aus Wien. Der junge Mann sagt sie in eine Kamera und verbrei­tet seine monströse Botschaft in den sozialen Netzwerken.

22 Jahre alt ist dieser David, Pro­fessorensöhnchen, Medizinstudent, höflich, gebildet. Und bereit, für sei­ne Überzeugungen zu töten. Kein Amoklauf, keine Affekthandlung, keine Rache oder religiös motivierte Tat sei das, was er vorhabe, betont er im Netz, sondern ein Akt gegen das System, "das so viele von uns krank macht".

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Der Kapitalismus, der stetig steigende Leistungsdruck haben ihm seine Freundin genom­men, glaubt er. Sie stürzte sich nach einer nicht bestandenen Prüfung aus dem Fenster. Und Kommissar Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) muss sich von seiner Tochter, die auf dieselbe Uni wie David geht, anhören, wie die "Pflichterfüllungs­generation" leidet, sich Amphetami­ne einschmeißt, um die Erwartun­gen der Leistungsgesellschaft zu er­füllen.

Drehbuchautor Rupert Henning, der auch für die Regie verantwort­lich ist, zeichnet in diesem Film, der einen ziemlich ratlos zurück lässt, das Bild einer perspektivlosen und daher radikal politisch denkenden Jugend aus den höchsten Bildungs­schichten. Im wahren Leben hat man eher den Eindruck, das Gegen­teil ist der Fall und Politik extrem uncool.

Die Kälte der Gesellschaft soll vermutlich durch die klinikweißen Büroräume unterstrichen werden, in denen Eisner, Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und ihr Team operie­ren, und dabei gerne von der Kame­ra in der Vogelperspektive begleitet werden.

Dieses artifizielle Ambien­te passt zu den vielen theoretischen Exkursen der Kapitalismusgegner, die offenbar mit Sätzen wie aus dem Psychologie-Proseminar durchs Leben gehen. Und dass Da­vid völlig normal ist, glauben am Ende nicht einmal mehr seine Unter­stützer.