Fassungslosigkeit im Netzwerk

Twitter-Chef Musk macht sich über Ex-Mitarbeiter mit Behinderung lustig - nun rudert er zurück

8.3.2023, 21:09 Uhr

Twitter-Eigner Elon Musk steht - wieder einmal - in der Kritik für seinen Umgang mit Mitarbeitern. © IMAGO/Brendan Smialowski

Haraldur "Halli" Thorleifsson ist nicht einfach nur ein normaler Mitarbeiter des Kurznachrichtendienstes Twitter. 2021 hatte Thorleifsson seine erfolgreiche Designfirma Ueno, die er 2014 gegründet hatte, an Twitter verkauft - unter der Bedingung, dass er noch so lange weiterarbeiten kann, wie es ihm körperlich möglich ist. Nicht, weil Thorleifsson schon im Rentenalter wäre - er ist 45 - sondern weil er an fortschreitender Muskeldystrophie leidet. Wegen der unheilbaren Erbkrankheit sitzt die Isländer bereits im Rollstuhl.

Als sich Thorleifsson kürzlich nicht mehr in die internen Systeme seines Arbeitgebers einloggen konnte, fragte er in der Personalabteilung nach, ob er eigentlich noch ein Angestellter sei. Keine ungewöhnliche Frage bei Twitter, denn nachdem der Multimilliardär Elon Musk den Kurznachrichtendienst im Herbst 2022 übernommen hatte, feuerte er in den folgenden Monaten Stück für Stück rund zwei Drittel der Belegschaft. Die Ex-Mitarbeiter erfuhren ihre Kündigung nicht selten nur dadurch, dass sie plötzlich keinen Zugang zu ihren Arbeitsaccounts mehr hatten.

Nach Angaben von Haraldur Thorleifsson sah sich jedoch nicht einmal der Leiter der Personalabteilung in der Lage, ihm mitzuteilen, ob er eigentlich noch angestellt sei. So wandte sich Thorleifsson nach neun Tagen schließlich an die oberste Stelle von Twitter: Er kontaktierte Elon Musk in einem Tweet - und löste damit einen Schlagabtausch aus, der mittlerweile offenbar sogar dem Twitter-Boss selbst peinlich ist.

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Vier Stunden nach Thorleifssons Tweet reagierte Musk und fragte: "Welche Arbeit hast du gemacht?" Der Isländer erklärte es ihm. Doch nun legte Musk erst richtig los. Im weiteren Verlauf der Diskussion machte er sich über Thorleifsson lustig und unterstellte ihm, er habe ohnehin nicht wirklich gearbeitet, sei wohlhabend und nur auf eine dicke Abfindung aus. Und nicht nur das: Im gleichen Atemzug deutete er auch an, dass der Isländer gar nicht behindert wäre.

"Trotz seiner Behauptungen auf Twitter, dass er gearbeitet habe, stellte sich heraus, dass er der Personalabteilung sagte, dass er nicht arbeiten könne, weil er nicht tippen könne, aber im gleichen Zeitraum twitterte er wie ein Wilder", schrieb Musk und fuhr fort, es erschüttere sein Vertrauen in die Menschheit, dass viele Twitter-Nutzer den Ex-Mitarbeiter auch noch verteidigten. Dieser hatte allerdings eine gute Erklärung für seine Tweets: Twittern könne er deswegen, weil er dafür nur einen Finger brauche.

Als anschließend nicht nur in dem sozialen Netzwerk die Empörung über Elon Musks Verhalten enorm war, sondern auch zahlreiche namhafte Medien den Sachverhalt aufgriffen - darunter die "Washington Post", CNN Business und die Nachrichtenagentur AP - dämmerte wohl auch dem sonst nicht unbedingt für seine Einsichtsfähigkeit bekannten Twitter-Boss, dass er mit seinen Worten deutlich zu weit gegangen war: Am Dienstagabend entschuldigte er sich schließlich.

Die beiden hätten ein Video-Telefonat geführt, schrieb Musk auf Twitter, und erklärte weiter, er habe Thorleifssons Situation missverstanden. Der Isländer erwäge außerdem, trotz seiner Kündigung - die ihm im Verlauf des Wortgefechts mit Musk per Mail zugestellt worden war - bei Twitter zu bleiben. Ob es dazu kommt, ist allerdings fraglich: Nachdem die Entlassung offiziell war, twitterte er: "Ich eröffne sehr bald im Zentrum von Reykjavik ein neues Restaurant." Tragen soll es den Namen seiner Mutter.