Algorithmus verändert
Twitter-Chef Musk droht Mitarbeitern mit Rauswurf, wenn sie seine Tweets nicht erfolgreicher machen
Redakteur - nordbayern.de
Knapp über 29 Millionen Mal wurde ein Tweet, den US-Präsident Joe Biden anlässlich des Super Bowls am Sonntagabend (Ortszeit) absetzte, den Nutzerinnen und Nutzern von Twitter angezeigt. Selbst angesichts der derzeit rund 29,5 Millionen Followers, die Bidens Account auf dem Kurznachrichtendienst Twitter hat, eine stattliche Zahl.
Zu stattlich, fand zumindest der neue Twitter-Chef Elon Musk, der das Netzwerk im Oktober für 44 Milliarden Dollar übernommen hat. Musk hatte ebenfalls einen Tweet zum Super Bowl geschrieben - dieser Tweet wurde allerdings nur rund 9,1 Millionen Menschen angezeigt. Und das, obwohl der Twitter-CEO beinahe 130 Millionen Follower hat. Etwa vier Stunden später löschte Musk seine Tweet wieder. Dokumentiert hat all das das US-Portal Platformer.
Wie das Magazin unter Berufung auf Insider und vorliegende Dokumente berichtet, alarmierte James Musk, Elons Cousin, noch in der Nacht zum Montag um 2.36 Uhr, die komplette Twitter-Mannschaft via Slack, um "Probleme mit dem Engagement" auf der Plattform zu beheben. Die Anfrage bezeichnete er als "extrem drindend". Gleichzeitig beauftragte der Twitter-Chef selbst rund 80 Software-Ingenieure damit, dafür zu sorgen, dass seine Tweets von mehr Menschen gelesen werden. Sollten sie das nicht schaffen, würden sie gefeuert, schreibt Platformer.
Die Lösung des von Musks "Problem" war bereits am Montag für Millionen von Twitter-Nutzern sichtbar: Selbst Menschen, die ihm auf Twitter gar nicht folgten, sahen plötzlich zahlreiche seiner Tweets in ihrer Timeline. Kein Wunder: Über Nacht hatten die Ingenieure des Netzwerks dafür gesorgt, dass Musks Tweets automatisch sämtliche Filtermechanismen umgehen, die normalerweise dafür sorgen, dass nicht ein einzelner Account die Timelines der anderen Nutzer fluten kann.
Laut Platformer wurden Musks Tweets mit Hilfe dieser Maßnahmen vom Twitter-Algorithmus etwa um den Faktor 1000 höher gewichtet als die Tweets der restlichen Nutzer. Einen Tag später kündigte Elon Musk an, diese Änderungen wieder rückgängig zu machen - zumindest teilweise. Mittlerweile liegt auch der Boost-Faktor seiner Tweets offenbar wieder unter 1000, wie das Portal schreibt.
Nicht-technische Gründe, warum weniger Menschen Elon Musks Tweets lesen, lässt er nicht gelten. Als einer der Top-Ingenieure von Twitter kürzlich anmerkte, dass das Interesse an Musk einfach zurückgegangen sein könnte und deshalb weniger Menschen seine Tweets lesen, tat der Twitter-Chef das, was er am besten kann: Er feuerte ihn.
Nicht zuletzt wegen solcher Entscheidungen ist die Frustration unter den noch verbliebenen Twitter-Mitarbeitern offenbar groß. Platformer zitiert hierzu einen derzeitigen Mitarbeiter: "Er hat das Unternehmen gekauft, und erklärt, was seiner Meinung nach unter der vorherigen Leitung manipuliert worden war. Dann manipulierte er selbst die Plattform, um alle Benutzer dazu zu zwingen, nur seine Stimme zu hören. Wir haben längst den Punkt überschritten, an dem wir glauben, dass er wirklich das Beste für alle hier will."