Das bekannte AfD-Kalkül: Erst provozieren, dann harmlos tun

10.9.2017, 12:20 Uhr

Alexander Gauland bei der Wahlkampfveranstaltung am 9. September in Nürnberg. © Stefan Hippel

Ob das AfD-Scharfmacher Alexander Gauland ist, der die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) "in Anatolien entsorgen" will, oder Spitzenkandidatin Alice Weidel, die wie eine beleidigte Mimose aus einer Fernsehrunde stürmt, oder Rechtsaußen Björn Höcke, der im Goebbels-Tonfall über eine "tausendjährige Zukunft" schwadroniert - das Muster ist bekannt.

Erst wird öffentlich für einen Aufreger gesorgt, anschließend gibt man sich dann wieder lammfromm und will gar nicht verstehen, warum man denn von allen Seiten so beschimpft wird.

Werbung
Werbung

So lief das am Samstag auch bei der Wahlkampfveranstaltung der AfD in Nürnberg. Nachdem die Stadtspitze versucht hatte, nach Gaulands jüngster Entgleisung die Veranstaltung in der Meistersingerhalle zu verhindern, empörte sich der AfD-Spitzenmann am Samstag über ein vermeintlich fragwürdiges Demokratieverständnis.

In seiner Rede wie in den Beiträgen der anderen Akteure wurde kräftig gepoltert, aber niemand schlug so über die Stränge, dass man dafür gleich wieder den Staatsanwalt bemühen müsste. Zugegeben, in diesem Vorgehen hat die Führungsriege der AfD inzwischen ein beachtliches Geschick erworben.

Das Kalkül ist klar: Mit ständigen Grenzüberschreitungen schafft es die AfD, weit überproportional in der öffentlichen Diskussion zu bleiben. Und egal, was der Inhalt ist, ihr wird damit indirekt eine gewisse Bedeutung bescheinigt. Genau darum geht es. Auch die Medienvertreter, denen dieser Mechanismus durchaus bekannt ist, tun sich schwer, sich diesem Spiel zu entziehen.

In Nürnberg hat Gauland neben den üblichen Phrasen über die Flüchtlingspolitik auch durchaus richtige Dinge gesagt, etwa wenn er eine Annäherung an Russland empfiehlt, um die diversen internationalen Krisen zu lösen.

Doch das ist nur das unverdächtige Mäntelchen, der um den widerlichen Kern der AfD geschlungen ist. Und dieser Kern ist rassistisch und fremdenfeindlich. Dass eine Stadt der Menschenrechte wie Nürnberg versucht hat, die Veranstaltung nach Gaulands jüngster Entgleisung abzusagen, war deswegen genau das richtige Zeichen.